Lot 1048 Dα

Verso auf dem Keilrahmen vier alte Klebeetiketten sowie ein Siegel in rotem Lack: „Galerie Sedelmeyer Paris“.

Johannes Verspronck war neben Frans Hals, in dessen Atelier er möglicherweise seine Ausbildung erfuhr, der bedeutendste Porträtmaler Haarlems. Seine Bildnisse, die vor allem im Auftrag wohlhabender Haarlemer Bürger entstanden, zeigen die Dargestellten ganz überwiegend in dunkler, unauffälliger Kleidung. Lediglich zwei Bildnisse Versproncks weisen ein deutlich lebhafteres Kolorit auf: das in kräftigen Farben gemalte Porträt des Andries Stilte als Fahnenträger (seit 1998 National Gallery of Art, Washington) und das Bildnis eines jungen Mädchens in hellblauer Seidenrobe (Rijksmuseum, Amsterdam); diese beiden Gemälde entstanden drei bzw. zwei Jahre vor unserem 1643 datierten Bildnis.
Unser für Versproncks Oeuvre sehr charakteristisches Werk zeigt eine junge Frau in strenger schwarzer Kleidung und ohne jeglichen Schmuck vor einem dunkelbraunen Hintergrund, der keinerlei Architekturelemente aufweist, jedoch durch die unterschiedlichen Helligkeitswerte Räumlichkeit andeutet. Zu diesem insgesamt dunklen Kolorit kontrastieren einerseits das Weiß der Flügelhaube und des runden Kragens sowie andererseits die Inkarnattöne des Gesichts und der Hand.
Entscheidend für die Bildniskunst Versproncks ist der Ausdruck von Würde und Gelassenheit, den die wiedergegebenen Personen ausstrahlen, nicht zuletzt hervorgerufen durch das bescheidene, zuweilen nahezu asketisch wirkende Auftreten, das den herausgehobenen Rang der Dargestellten jedoch keineswegs verleugnet. Die Komposition des vorliegenden Bildnisses mit der nach links gewandten jungen Frau, die ihren Kopf dem Betrachter zuwendet und direkten Blickkontakt mit ihm aufzunehmen scheint, findet eine Parallele in dem im selben Jahr entstandenen Bildnis einer wenig älteren Frau, das sich im Museum of Fine Art in Boston befindet. Wie dieses dürfte auch unser Bildnis einst ein Pendant gehabt haben, das den Gemahl der jungen Frau zeigte.