Max Liebermann - Judengasse in Amsterdam / Uilenburgersteeg Ecke Jodenbreestraat - image-1

Lot 203 Dα

Max Liebermann - Judengasse in Amsterdam / Uilenburgersteeg Ecke Jodenbreestraat

Auktion 1078 - Übersicht Köln
02.12.2016, 18:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 150.000 € - 170.000 €
Ergebnis: 155.000 € (inkl. Aufgeld)

Max Liebermann

Judengasse in Amsterdam / Uilenburgersteeg Ecke Jodenbreestraat
1905

Öl auf Malpappe 31,6 x 44 cm Gerahmt. Unten rechts mit Tinte signiert 'M. Liebermann'. - Die Ränder mit einzelnen Nagellöchern; Ränder und Ecken teils minimal berieben. Mit 2 stecknadelkopfgroßen oberflächlichen Farbausbrüchen. - Rückseitig mit verschiedenen Galerieaufklebern sowie Zoll- bzw. Ausfuhrstempeln in französischer und englischer Sprache.

Im Lauf seiner alljährlichen Hollandaufenthalte malt Max Liebermann erstmals im Sommer 1905 auf Anregung des Direktors der Amsterdamer Kunstakademie im jüdischen Viertel. Besonders reizvoll scheint dem Maler der Standpunkt an der Hauptstraße Jodenbreestraat in Höhe und mit Blick in den Uilenbergersteeg, und er wählt diesen für eine Reihe von Ansichten (vgl. Eberle 1905/6-12, 1907/5-9).
Auffällig ist der breite und schnelle Pinselduktus, in dem nicht das einzelne Individuum, sondern die Passanten und Marktbesucher als Menschenmenge erfasst sind - kaum, dass man eine holländische Trachtenhaube im Bildvordergrund ausmacht. Die Simplifizierung des Motivs im vergleichsweise kleinen Bildformat erhöht den Eindruck emsiger Betriebsamkeit, die in den Häusern und an den Markständen zu herrschen scheint. Gleichermaßen modern wie formatsprengend erweist sich auch der Anschnitt der nah an den Betrachter gerückten Szenerie. Obgleich die Unmöglichkeit, konkret Personen und einzelne Vorgänge zu erkennen, die Phantasie des Betrachters einfordert, bleibt das Motiv gegenstandsgebunden.
Am 27. August 1905 schreibt Max Liebermann von Amsterdam aus an Wilhelm Bode im Zuge einer Diskussion um nationale Eigenheiten in der bildenden Kunst, die der Maler selbst negiert:
„Auch habe ich 8 Stunden heut gearbeitet und unter den schwierigsten äußeren Verhältnissen. Böcklin und Thoma machen sich's leicht: die ‚erfinden'. Aber in der Kunst beruht Erfindung nur darin, daß man die Natur für die Kunst ‚appretiert'. Jeder kann Bilder sich ausdenken […] Lebendig machen heißt Kunst machen.“ (zit. nach: Ernst Braun (Hg.), Max Liebermann: Briefe 1902-1906, Baden-Baden 2013, Nr. 358, S. 343 f.)

Werkverzeichnis

Eberle 1905/6 (mit dem Vermerk "Verschollen")

Provenienz

Galerie Sturm, München (bis 1911); Hugo Helbing, München (1911); Geheimrat Henneberg Zürich (1914-1919); Lucien Lefebvre-Foinet, Paris (rückseitiger Aufkleber); Nierendorf Gallery, New York (fragmentierter rückseitiger Aufkleber); Privatbesitz (seit den frühen 1930er Jahren); Sotheby's New York, Impressionist & Modern Art, 4.5.2011, Lot 00354; Christie's New York, Impressionist & Modern Art, 8.11.2012, Lot 500

Literaturhinweise

Der Cicerone, Bevorstehende Auktionen - München (Galerie Sturm), Jg. III, Heft 9, Okt. 1911, S. 766; Erich Hancke, Max Liebermann, Sein Leben und seine Werke, Berlin 1914, S. 542 (vertauschte Maße, "Holz"); Kunst für Alle, Jg. XXXV, Beilage zu Heft 5/6, April 1920, S. II (Bericht über die Auktion der Galerie Henneberg)

Ausstellung

München 1911 (Hugo Helbing), Auktion Sammlung G.A. Sturm, 24.10.1911, Lot 93, Abb. Taf. 48; Zürich 1919 (Galerie Henneberg), Auktion 20.-22.10.1919, Lot 192, Abb. Taf. XXV