Max Liebermann - Die Familie betrachtete Max Liebermanns Ambitionen skeptisch
Max Liebermann wurde am 20. Juli 1847 in Berlin geboren. Obwohl er als Sohn einer vermögenden jüdischen Industriellenfamilie in einer luxuriösen und geräumigen Villa aufwuchs, musste er sich ein Zimmer mit seinen beiden Brüdern Georg und Felix teilen. Mit der Schule tat sich Max Liebermann schwer, sie war ihm bald verhasst und er verlegte sich lieber aufs Zeichnen. Sein dabei zutage tretendes Talent wurde von den Eltern jedoch nur zurückhaltend gefördert. Als er seine Mutter zu einer Modellsitzung bei der Malerin Antonie Volkmar begleitete, erbat er sich aus Langeweile einen Stift und vertrieb sich die Wartezeit mit Zeichnungen. Die Künstlerin war entzückt, verwandte sich bei der Mutter für eine angemessene Ausbildung des begabten Jungen und verwies noch im hohen Alter mit Stolz darauf, die Entdeckerin des berühmten deutschen Impressionisten Max Liebermann gewesen zu sein. Trotz ordentlicher Schulleistungen und bestandenem Abitur fühlte sich Liebermann immer im Schatten seines älteren Bruders Georg, der mit ausgezeichneten Noten den Eltern als Vorbild galt.
Max Liebermann - Rembrandt und Mihály von Munkácsy prägten Liebermanns Malstil
Max Liebermann begann seinem Vater zuliebe ein Chemiestudium, das er allerdings von Anfang an zugunsten der Kunst vernachlässigte. Während ihn die Friedrich-Wilhelm-Universität wegen ausbleibender Leistungen exmatrikulierte, lernte er in dem Kunsthistoriker Wilhelm Bode einen väterlichen Freund und Förderer kennen. Nach familiären Zwistigkeiten durfte Max Liebermann schließlich doch als Schüler des belgischen Historienmalers Ferdinand Pauwels nach Weimar gehen. Pauwels brachte seinen Schüler in Berührung mit der Kunst des niederländischen Meisters Rembrandt, der Liebermanns eigenes Schaffen nachhaltig beeinflusste. Der Deutsch-Französische Krieg des Jahres 1870 löste bei dem jungen Maler einen kurzzeitigen Patriotismus-Schub aus, der allerdings beim Anblick der unfassbaren Gräuel auf den Schlachtfeldern schnell wieder verging. Nach Kriegsende traf Liebermann in Düsseldorf den ungarischen Maler Mihály von Munkácsy, dessen realistische Alltagsdarstellungen weitere Impulse brachten und das berühmte Frühwerk Die Gänserupferinnen anregte. Sein Versuch, in Paris als Künstler Fuß zu fassen, scheiterte vor allem an der noch frischen Erinnerung den zurückliegenden Krieg: Die französischen Künstler verweigerten jeden Kontakt, die Presse gab seinen Werken politisch motivierte schlechte Kritiken.
Max Liebermann - Ein unfreiwilliger Skandal brachte Liebermann den Durchbruch
Max Liebermann hatte in Paris mit Depressionen und einer Schaffenskrise zu kämpfen und verließ die französische Hauptstadt schließlich ernüchtert. Auf einer Italienreise lernte er Franz von Lenbach kennen, dem er nach München folgte. Dort erregte er mit seinem Bild Der zwölfjährige Jesus im Tempel den Zorn der Öffentlichkeit, die es nicht zugeben wollte, dass ein Jude Jesus als – wie man meinte – hässlichen Judenjungen darstellte. Trotzdem der spätere Prinzregent Luitpold und Künstler wie Wilhelm Leibl und Friedrich August von Kaulbach für ihn Partei ergriffen, nahm Liebermann eine Überarbeitung des Jesusknaben vor und floh im Anschluss aus dem antisemitisch aufgewühlten München in die Niederlande. Dort kam es zwar nicht zu dem ersehnten Treffen mit Vincent van Gogh, aber der Künstler sammelte trotzdem wichtige Erfahrungen und konnte mit seinen jetzt im lichtmalerischen Impressionismus gehaltenen Werken sogar den Beifall der ihm wenige Jahre zuvor noch so feindselig gesinnten französischen Presse erringen.
Max Liebermann - Internationale Erfolge als Meister des deutschen Impressionismus
Max Liebermann distanzierte sich in der Folge von der Münchener Schule und kehrte nach Berlin zurück. Er heiratete Martha Marckwald, eine Schwester seiner Schwägerin, und wurde in den Verein Berliner Künstler aufgenommen. Zeitweilig kümmerte er sich mehr um seine einzige Tochter als um die Kunst, lernte aber über das befreundete Ehepaar Carl und Felicie Bernstein die Arbeiten von Edgar Degas und Édouard Manet kennen, die ihn stark beeinflussten. Im Haus der Bernsteins lernte er auch Alfred Lichtwark kennen, der in Liebermann einen hochbegabten Impressionisten erkannte und nach Kräften förderte. Sein nunmehr unaufhaltsamer künstlerischer Aufstieg führte ihn zu einer Professur an die Berliner Akademie und an die Spitze der von ihm mitbegründeten Berliner Secession, die er erst 1913 nach einem Streit Lovis Corinth und Emil Node wieder verließ. Während er den Ersten Weltkrieg aufgrund seines Alters nicht als Soldat erlebte, ihn aber mit neu entflammtem Patriotismus künstlerisch begleitete, löste die Machtergreifung der judenfeindlichen Nationalsozialisten Ekel und Abscheu aus, dokumentiert durch den berühmten und vielzitierten Satz: Ick kann jar nich soville fressen, wie ick kotzen möchte.
Max Liebermann starb am 8. Februar 1935 in seiner Geburts- und Heimatstadt Berlin. Seine Witwe Martha verübte acht Jahre später angesichts ihrer bevorstehenden Deportation in das Konzentrationslager Theresienstadt Suizid. Der Großteil der umfassenden Liebermann'schen Kunstsammlung wurde von Gestapo beschlagnahmt, das Berliner Palais der Familie ging in Flammen auf.
Ein Glücksfall für die Kunst: Liebermanns Garten
Es war gerade noch rechtzeitig für Max Liebermann. Als der große Impressionist 1909 ein Grundstück am Ufer des Berliner Wannsees erwarb, hatte die Begeisterung für einen eigenen Garten und das pittoresk-rustikale Lebensgefühl im Umfeld der Metropolen wie Berlin bereits eine Bewegung aufs Land ausgelöst. Das Grundstück Große Seestraße 24, die heutige Colomierstraße 3, war eines der letzten Ufergrundstücke am Wannsee, das noch zu kaufen war.
Ein Glücksfall für den Maler und seine Familie. Denn der Wunsch nach einer ländlichen Sommervilla hatte bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts, noch verstärkt ab der Gründerzeit, wohlhabende Berlinerinnen und Berliner in den Süden gezogen. Mit der Villenkolonie Alsen beschleunigte und systematisierte der Investor Wilhelm Conrad diese Bewegung. Seine unternehmerische Tätigkeit in diesem Zusammenhang würde man heute als die eines Immobilienentwicklers beschreiben.
Erst in einer zweiten Welle ab der Gründerzeit wurde besonders auch das Ufer des Wannsees bebaut, die Wannseebahn sorgte für eine bequeme Verbindung in das damals auch verwaltungsrechtlich noch außerhalb der Stadt liegende Gebiet. Hier fielen die Villen noch größer und ihre Gärten noch prächtiger aus als in der bisherigen Villenkolonie. Die angezogene Klientel entsprach dem. In unmittelbarer Nachbarschaft Liebermanns wohnten bei seinem Einzug prominente Bürger wie die Verleger Carl Langenscheidt und Ferdinand Springer oder der Arzt Ferdinand Sauerbruch. Der für die Kunst wohl bedeutendste Nachbar in dieser illustren Gesellschaft war Eduard Arnhold, seiner der größten Mäzene seiner Zeit. In seiner Sammlung fanden sich Liebermanns Bilder neben Werken von Manet, Monet, van Gogh und weiteren internationalen Künstlern ebenso wie der berühmtesten deutschen Maler des 19. und frühen 20. Jahrhunderts.
Das Haus, das sich Max Liebermann im Umfeld dieser Gesellschaft bauen lässt, orientiert sich am Beispiel in Hamburg. Ein wesentlicher Grund für diesen Bezug liegt in der Freundschaft des Künstlers mit dem damaligen Direktor der Hamburger Kunsthalle Alfred Lichtwark. Er stellt seinem Berliner Besucher verschiedene Sommerhäuser in Hamburg vor. Zwei von ihnen werden zu Vorbildern für Liebermanns Wannsee-Projekt
Dass Liebermann den Garten zusammen mit Alfred Lichtwark anlegte, dem Direktor der Hamburger Kunsthalle, deutet schon an, dass es bei diesem Projekt natürlich auch um die Malerei geht. Zudem war Lichtwark nicht nur ein guter Freund Liebermanns, sondern bereits mit dem Thema Gartenplanung in Erscheinung getreten. Schon früh zeigte er sich als Vorkämpfer der neuen Reformideen, die die Form des Landschaftsgartens ablösen wollten. Später erarbeitete er zusammen mit Architekten den Entwurf für den Hamburger Stadtpark. Dieser wurde 1908 dem Hamburger Senat vorgelegt, im Jahr bevor Liebermann am Wannsee ankam. Der Aspekt der Nutzbarkeit spielte hier eine wesentliche Rolle. Der angestrebte Nutzen war für den Garten am Wannsee freilich ein anderer als für den Park in Hamburg. Ging es in Hamburg um eine optimale Erholungsmöglichkeit für die von der immer mehr verdichteten Stadt erschöpften Bewohner, sollten in der Villa vor den Toren Berlins nicht nur die Bewohner, sondern auch die Arbeit des Künstlers profitieren.
So erwies sich Liebermanns Kauf des Grundstücks auch für die Kunstgeschichte als Glücksfall. Sie hat der Villa und mehr noch dem Garten einige der schönsten und stimmungsvollsten Werke des deutschen Impressionismus zu verdanken. Für rund 200 Bilder war der Garten Liebermanns Inspiration und Motiv. Insbesondere nachdem der Kriegsausbruch 1914 Liebermanns Reisen in die Niederlande nicht mehr wie gewohnt zuließ, fand er sommerliche Motive stattdessen an seinem „Schloss am See“. Inmitten der Pflanzen und des Lichtes unter Laubbäumen bot dieser Ort in gut zehn Kilometern Entfernung zum Berliner Stadtpalais der Familie Liebermann, wofür Monet ins über 80 Kilometer von Paris entfernte Giverny ziehen musste. Oder wofür Liebermann selbst in manchen Sommern der 1870er-Jahren die immerhin 60 Kilometer von seinem damaligen Atelier in Montmartre ins ländliche Barbizon zurücklegte.
Max Liebermann - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: