Lot 2148 Dα

Der bis zur belgischen Revolution 1830 in Antwerpen, dann in Lüttich wirkende belgische Meister Joseph Barthélémy Vieillevoye schuf diese eindrucksvolle Paulusdarstellung im Jahr 1850 für den Jesuitenkonvent in Lüttich. Die intensive Wirkung, die von dem Gemälde ausgeht, erzielt der Künstler sowohl durch die meisterhafte technische Ausführung als auch durch eine fein abgestimmte, psychologisierende Behandlung des Ausdrucks. Durch geschickte Lichtführung und naturalistische, nahezu feinmalerische Wiedergabe der Stofflichkeit scheint der Apostel plastisch aus dem verdunkelten Hintergrund hervorzutreten. Vieillevoye stellt ihn mit seinem faltigen Gesicht und seinen sehnigen Händen - ganz im Sinne des Realismus des mittleren 19. Jahrhunderts - als Menschen dar. Der Mantel all'antica und das Schwert zeichnen ihn indes als Heiligen aus, wobei Einflüsse der von Vieillevoye verehrten flämischen Künstler Rubens und van Dyck deutlich erkennbar sind. In der Spannung zwischen naturalistisch-lebendiger Nähe und würdevoller Distanz liegt der besondere Reiz des Bildes auf den Betrachter.
Während die technische Meisterschaft der gründlichen akademischen Ausbildung Vieillevoyes bei Mathieu-Ignace van Brée an der Antwerpener Akademie ab 1816 zuzuschreiben ist, beruht das Vermögen der präzisen und stimmungsvollen Wiedergabe des menschlichen Ausdrucks auf seiner Erfahrung als Porträtmaler des Groß- und Bildungsbürgertums in Antwerpen und Lüttich.