Trinkgefäß in Form eines Hirschen
Silber; teilweise vergoldet. Über einem ovalen, gekniffenen Standring der aufgewölbte, einem felsigen Untergrund nachempfundene Terrainsockel mit fein ziselierten Flechten und Gräsern. Darüber die plastische Figur eines zum Sprung ansetzenden Zwölfenders mit graviertem Fell; der Kopf als Becher abnehmbar. Um seinen Hals ein vergoldeter Reif, auf der Brust ein Medaillon mit dem flach getriebenen Wappen der Schorndorfer Adelsfamilie Hirschmann. Marken: Kopf und Plinthe mit BZ Stuttgart (Rosenberg Nr. 4616), MZ Johann Jakob Wagner (erwähnt um 1682), Tremolierstiche. H 32; B 21,5; T 15,5 cm, Gewicht 1.009 g.
Stuttgart, Johann Jakob Wagner, um 1680.
Die Familie Hirschmann hat ihre Wurzeln im württembergischen Schorndorf an der Rems, etwa 25 km östlich von Stuttgart, das im 17. Jahrhundert zu den wohlhabendsten Städten des Herzogtums gehörte. In der evangelischen Stadtkirche befindet sich das Epitaph des Schorndorfer Bürgermeisters Michael Hirschmann (1562 - 1634), der 1606, zusammen mit seinem jüngeren Bruder Ludwig, von Kaiser Rudolf II. in den Adelsstand erhoben wurde und fortan das vorliegende Wappen führen durfte.
Trinkgefäße in Hirschform erfreuten sich im gesamten 17. Jahrhundert großer Beliebtheit. Die Jagd galt als edelste Form des Zeitvertreibs und spielte eine wichtige Rolle im gesellschaftlichen Leben des Adels. Die kostbaren Trinkgefäße übernahmen dabei zum einen die Funktion eines Willkomms, mit dem die Gäste der Jagdgesellschaft begrüßt wurden; sie dienten aber auch, und vielleicht vor allem, der Repräsentation in den Kunstkammern und auf den Buffets ihrer Besitzer.
Zertifikat
Prof. Dr. Ernst-Ludwig Richter, Freudental, 15. Juli 2016.
Literaturhinweise
Vgl. eine sehr ähnliche Arbeit des Augsburger Meisters Hieronymus Zainer in der Sammlung des Maximilianmuseums, abgebildet bei Müller, Zur Augsburger Goldschmiedekunst des 16. Jahrhunderts, in: Augsburg zwischen Renaissance und Barock, Augsburg 1980, S. 417 f., Nr. 794. Ein vergleichbarer Hirsch eines Stuttgarter Meisters befindet sich in Schweizer Privatbesitz, vgl. Sänger, Gold- und Silberschmiedekunst, in: Die Renaissance im deutschen Südwesten: Eine Ausstellung des Landes Baden-Württemberg, Karlsruhe 1986, Band II, S. 633, Nr. 30. Zum Wappen der Hirschmann vgl. Siebmacher Band VI.02, S. 90.