Schatulle mit Susanna im Bade
Bein, gefärbtes Bein, verschiedene, teilweise gefärbte Hölzer in Certosina-Technik auf partiell gefärbtem Weichholzkern, Schmiedeeisen, Bronze, (modernes) Textil. Architektonisch gestalteter oblonger Klappdeckelkasten mit vorkragender Basis, vorkragendem Gesims und gestuftem Deckel. Um die Wandung umlaufend belegt mit vertikal geschnittenen und reliefierten Beinfragmenten, auf den Ecken kannelierte Pilaster aus demselben Material. Auf der Front sieben Platten, davon vier figürliche, eine mit Brunnenmotiv und die zentrale, vor dem (verlorenen) Schloss, mit Mauer und Pforte. Auf beiden Seitenflächen jeweils vier Platten, rechts mit einem Jungbrunnenmotiv beschnitzt, links die Darstellung einer Steinigung. Auf der Rückseite sieben figürliche Platten, u.a. zweimal die Gefangenahme einer Frau und eine Verbrennungsszsene. Um und auf dem Deckel fliegende Eroten, herzfömige Schilde haltend. Schloss verloren. H 20,7, B 34,7, T 32 cm.
Norditalien/ wohl Venedig, der Bottega degli Embriachi, zugeschrieben, um 1420 - 40.
Diese in Italien, wahrscheinlich in Venedig, um 1420-1440 hergestellte Schatulle ist mit Intarsien "alla certosina" und geschnitzten Knochenplatten verziert. Die alttestamentarische Geschichte der Susanna als Beispiel für weibliche Tugend und Keuschheit eignete sich vorzüglich als Hochzeitsgeschenk. So wurden auch die meisten der Kästchen zu diesem Anlass produziert und verschenkt.
Die vertikal geschnittenen und halbierten Beinplatten ermöglichen jeweils nur sehr schmale Bildsequenzen, die die ursprüngliche Episode eher schematisch verbildlichen. Man kann davon ausgehen, dass das Programm den Beschenkten bekannt war und nur Zitate aus der Erzählung benötigt wurden, um Inhalt und Lehre zu vergegenwärtigen.
Die Embriachi waren eine norditalienische Unternehmer- und Schnitzerfamilie. Der genaue Standort ihrer Werkstatt ist nicht bekannt, außer dass sie ihren Ursprung in Florenz hatte und dass um 1431 auch ein Atelier in Venedig existierte. Die Embriachi beschäftigten einheimische Arbeiter, die sich auf "certosina" (Einlegearbeiten aus gebeizten Hölzern, Knochen und Horn) spezialisiert hatten. Neben Altaraufsätzen war die Bottega auf Schatullen für Brautgeschenke spezialisiert, in denen Juwelen oder Dokumente aufbewahrt wurden und die mit biblischen oder mythologischen Szenen verziert waren. Die Gruppe von Schatullen, zu der das vorliegende Exemplar gehört, könnte in dieser Werkstatt in den Jahren vor ihrer endgültigen Auflösung im Jahr 1433 hergestellt worden sein. Es gab aber auch lokale Nachahmer, die die Susanna-Schatullen der Embriachi als Vorlage für ihre eigenen Produktionen verwendeten. Somit wäre es ebenso möglich, dass dieses Kästchen aus einer nachfolgenden Werkstatt stammt.
Provenienz
Rheinischer Privatbesitz, erworben auf der Mostra Nazionale dell´Antiquariato in Assisi 1984 bei Ennio und Piero Riccardi.
Literaturhinweise
Eine weitere, sehr ähnliche Schatulle befindet sich in der Sammlung des Victoria & Albert Museum London, acc.no. 4718:2-1859.