Zylinderbureau von David Roentgen
Palisander, Rosenholz, Nussmaser, Ahorn, Pflaume, Buchs und verschieden gefärbte Hölzer auf Eiche, Kirsche und Nuss, Elfenbein, grün gefärbtes und gold geprägtes Leder (ersetzt), Stahlschlösser, vergoldete Bronze. Wandständiges multifunktionales Schreibmöbel. Zylinder durch Herausziehen der Platte zu öffnen, innen drei Schübe unter drei Briefkompartimenten. Darunter zwei Scheinschübe. In der Zarge ein breiter, niedriger Mittelschub zwischen zwei größeren, herauszieh- und schwenkbaren Kästen. Der vordere Teil seitlich aufklappbar, mit abdeckendem Jalousieverschluss, dahinter drei übereinander liegende Schübe.
Auf der Front und den Seiten prächtige Mosaikintarsien mit Blumen, Knospen, Bändern, auf dem Zylinderdeckel von Bändern gehaltene Gartengeräte, Rosen und Tulpen. Älter verfüllte Schwundrisse horizontal auf dem Zylinder und vertikal durch die Seitenflächen, verfüllte Aufbruchspuren am rechten Seitenkompartiment. H 105, B 99, T 56 cm.
Neuwied, Mitte der 1770er Jahre.
Der erste nachweisbare Schreibtisch Roentgens mit Zylindermechanismus ist das auf 1773 datierte, wohl für Kurfürstin Maria Anna gefertigte Möbel in der Münchner Residenz. Allerdings hat dieser als einziger einen sehr flachen Zylinder im Gegensatz zu den beiden anderen Zylinderschreibtischen in der Residenz aus den Jahren 1773 bis 1775, die in Aufbau und Proportionen dem angebotenen Möbel sehr ähnlich sind. Die Art der Bombierung, der Schwung der Beine, die Verteilung der Schubkästen hat sich im Verlauf der ersten Produktionsjahre nicht verändert. Ist die Form um 1755 noch klar englisch inspiriert, so erhält sie später einen sehr eigenen ausgereiften, feinen Schwung, der im Verlauf der 1780er Jahre in geraden, klassizistisch geprägten Linien endet.
Auch anhand der Marketerien ist das Möbel zeitlich sehr gut einzuordnen. In den 1760er Jahren sind die Blumen noch in reiche Rocaillenschwünge eingebettet, zehn Jahre später weichen die C- und S-Schwünge einem stärkeren Naturalismus. Die Kombination aus Blumen, Alltagsgeräten (wie auf dem Zylinder hier die in einer Art Trophäenbündel zusammengefassten Gartengeräte), oft an Bändern aufgehängt, die über die Flächen gespannt scheinen, setzt sich durch. Ein sehr ähnliches Marketeriemotiv findet sich auf einer bei Fabian erwähnten Schreibkommode, ehemals im Besitz der Grafen Dohna.
Zertifikat
Expertise von Martinet in Genf von 1948.
Provenienz
Schweizer Privatsammlung.
Literaturhinweise
Vgl. Hojer/Ottomeyer (Hg), Die Möbel der Residenz München II, München 1996, S. 219-239.
Vgl. Fabian, Roentgen Möbel aus Neuwied, Bad Neustadt 1986, Abb 186 ff, Abb 389-392.