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Lot 39 N

Josef Albers - Becher (Beaker)

Auktion 1211 - Übersicht Köln
02.12.2022, 18:00 - Evening Sale - Moderne und Zeitgenössische Kunst
Schätzpreis: 300.000 € - 400.000 €
Ergebnis: 365.400 € (inkl. Aufgeld)

Josef Albers

Becher (Beaker)
1929

Sandgestrahltes Überfangglas. 29 x 37 cm. Gerahmt. Rückseitig auf der Rahmenrückwand auf einem Papieraufkleber monogrammiert und gewidmet 'Für Eugen Gomringer JA'. - Mit geringfügigen Altersspuren.

Das Medium Glas begleitet Josef Albers Zeit seines Lebens und steht im Zentrum seines künstlerischen Schaffens bis zu seiner Emigration in die USA. Seiner Ansicht nach wirkt in der Glasmalerei die Farbe als direktes Licht. Bereits während seiner Kindheit in einem streng katholischen Elternhaus ist er fasziniert von der Lichtfülle farbiger Kirchenfenster. Von seinem Vater, einem vielseitig tätigen Malermeister, erlernt er als Jugendlicher die technische Fertigkeit, Glas zu ätzen und zu bemalen. Diese Grundlagen bringt Albers mit, als er 1920 Student des Bauhauses wird; beide Aspekte - die visuelle Qualität von Farbe und Licht und die Wertschätzung handwerklicher Prozesse – werden bestimmend für sein künstlerisches Schaffen. Am Bauhaus befasst er sich mit dem Medium Glas im Eigenstudium. Noch als Geselle wird er Werkmeister in der Glasmalereiwerkstatt, 1923 Lehrer für den obligatorischen Vorkurs und 1926 von Walter Gropius zum Meister berufen.
Albers strebt stets danach, eine universale, von subjektiven und emotionalen Gehalten befreite Bildsprache zu nutzen, um zu einer höheren geistigen Aussagekraft zu gelangen. Klarheit und Leuchtkraft sollen die Kunst beherrschen. Seine sandgestrahlten Glasarbeiten, die ab 1925 in der Dessauer Bauhaus-Zeit entstehen, entsprechen diesen Anforderungen vollkommen. Mit dieser innovativen, selbstentwickelten Technik schafft der Künstler einen völlig neuen Typus von Glasbildern.
Bei der Umsetzung greift Albers auf das Können der Meisterhandwerker der Vereinigten Werkstätten für Mosaik und Glasmalerei Puhl & Wagner – Gottfried Heinersdorff, Berlin-Rixdorf, zurück. Genutzt wird dabei ein Sandstrahlgerät als Werkzeug, um die durch Schablonen vorbereitete Darstellung in opakes farbiges Überfangglas einzugravieren. Durch die unterschiedliche Dauer und Intensität der Sandbestrahlung wird der glänzende farbige Glasüberfang entweder vollständig entfernt, so dass das darunterliegende weiße Milchglas zum Vorschein kommt, oder die Oberfläche nur leicht mattiert. „Durch die Verwendung von opakem Glas und nur einer Scheibe habe ich die Beweglichkeit eines kleinen Staffeleibildes erreicht, das man an eine Wand hängen oder als festen Bestandteil der Architektur in eine Wand, im Innen- wie im Außenraum, einbauen kann. […] Doch die ungewöhnliche Farbintensität, das reinste Weiß und tiefste Schwarz, und die erforderliche Präzision und die Flächigkeit der Gestaltungselemente bieten eine ungewöhnliche und besondere Material- und Formwirkung“, so erläutert Josef Albers selbst (zit. nach: Josef Albers, Interaction, Ausst.Kat. Villa Hügel, Essen 2018, S.88).
Aus den zumeist von Gitterstrukturen bestimmten Sandstrahlarbeiten der späten 1920er Jahre, die oft zusätzlich mit Glasmalfarbe mehrfarbig gestaltet sind, tritt das hier angebotene „Becher (Beaker)“ durch seine puristische und harmonische Farb- und Formgebung hervor. Der kühle Farbkontrast aus Blau und Weiß erzeugt eine außergewöhnliche Leuchtkraft und Frische und bringt die Rundungen der stilisiert dargestellten Becherwandungen prägnant zur Geltung.
Das eindrucksvolle Glasbild wird von Josef Albers in Deutschland zurückgelassen, als er gemeinsam mit seiner Frau 1933 in die USA emigriert, und zunächst bei Trunck & Co. in Berlin, der Möbelwerkstatt von Siegfried Fleischmann, dem Vater von Anni Albers, eingelagert. Vor Siegfried Fleischmanns eigener Emigration wird es zusammen mit anderen eingelagerten Werke 1936-37 von Berlin in das Bottroper Haus von Lorenz Albers, dem Vater von Josef Albers, gebracht. Nach dessen Tod im Jahr 1944 gelangen die Werke in das Bottroper Haus von Elisabeth und Rudolf Marx, Albers' Schwester und Schwager. Der Künstler übereignet es später dem Schriftsteller Eugen Gomringer, mit dem er seit Mitte der 1950er Jahre befreundet ist und der 1968 die umfangreiche Monographie „Josef Albers, Das Werk des Malers und Bauhausmeisters als Beitrag zur visuellen Gestaltung im 20. Jahrhundert“ veröffentlicht.
„Becher“ ist das einzige erhaltene Werk mit farbigem Überfangglas in der Sandstrahl-Technik, die Albers in der Zeit zwischen 1929 und 1931 ansonsten nur für Glasarbeiten in Schwarz, Weiß und Grau verwendete.

Zertifikat

Die vorliegende Arbeit ist in The Anni and Josef Albers Foundation, Bethany, Connecticut, registriert. Wir danken Jeannette Redensek für weiterführende Informationen.

Provenienz

Eugen Gomringer (Geschenk des Künstler, ca. 1955-1960); Privatsammlung, Schweiz (ca. 1960)

Literaturhinweise

Irving Leonard Finkelstein, The Life and Art of Josef Albers, Ann Arbor 1979
Will Grohmann, Josef Albers, in: Museum Journal, Otterlo 1961, Nr. 9-10, S.212 ff., S.232f.

Ausstellung

Le Cateau-Cambrésis 2008 (Musée Matisse), Josef Albers, Vitraux, Dessins, Gravures, Typographies, Meubles, Ausst.Kat.Nr.30, S.149 mit Farbabb.
London 2006 (Tate Modern), Bielefeld (Kunsthalle), New York (Whitney Museum of American Art), Albers and Moholy-Nagy, From the Bauhaus to the New World, Ausst.Kat., S.42 mit Abb.53
New York 1994 (Solomon R. Guggenheim Museum), Josef Albers, Glass, Color, and Light, Ausst.Kat.Nr.32, o.S. mit Farbabb.
Amsterdam 1961 (Stedelijk Museum), Josef Albers
Hagen 1957 (Karl-Ernst-Osthaus-Museum), Josef Albers, Ausst.Kat.Nr.19
Basel 1929 (Kunstgewerbemuseum), Dresden (Kunstgenossenschaft), Breslau (Sonderabteilung der Werkbundausstellung), Dessau 1929/1930 (Bauhaus), Essen 1930 (Folkwang Museum), Mannheim (Städtische Kunsthalle), Zürich (Kunsthalle und Kunstgewerbemuseum), Bauhaus Dessau, 10 Jahre Bauhaus