Lot 2298A Dα

„Halskrausenbilder“ erinnern vor allem an die niederländische Malerei des 17. Jahrhunderts, tauchen plötzlich aber im 19. Jahrhundert, als diese Krägen längst nicht mehr getragen wurden, im Leibl-Kreis wieder auf. Es war vor allem die kraftvolle und so unmittelbar frische Malerei des Frans Hals, zu der diese Maler eine besondere Affinität fanden, offenbar als rein malerisches und ästhetisches Anliegen. Am überzeugendsten hat sich Leibl selbst mit dem Thema auseinandergesetzt, dessen 1869 in Paris entstandene „Kokotte“ (Wallraf-Richartz-Museum, Köln) zweifellos das bedeutendste dieser „Halskrausenbilder“ ist, ebenso wie sein „Junge mit Halskrause“ aus dem Germanischen Nationalmuseum (Abb. 1). Letzteres steht unserem, lange verschollenem Gemälde stilistisch sehr nahe. Das Nürnberger Bild wird um 1869/70 datiert, eine Entstehungszeit, die daher auch für unser Bild anzunehmen ist.
Es sind dies entscheidende Jahre in der künstlerischen Entwicklung Leibls. 1869 war er nach Paris gereist, musste aber wegen des gerade ausgebrochenen Deutsch/Französischen Krieges nach einem halben Jahr vorzeitig wieder nach München zurückkehren. Erstaunlicherweise aber festigte sich Leibls persönlicher Stil gerade in diesen wenigen Pariser Monaten. Hier entwickelt er seinen temperamentvollen, dichten Pinselduktus, den er vor allem bei Frans Hals bewunderte hatte (hierzu siehe R. Neuhaus: Bildnismalerei des Leibl-Kreises, 1953).
Unser Gemälde gehörte einst Leibls Maler-Kollegen Wilhelm Trübner, der ein sehr ähnliches „Halskrausenbild“ malte.