Sebastiaan Vrancx - Versammlung von Soldaten auf einer Waldlichtung vor einer Kapelle - image-1

Lot 1016 Dα

Sebastiaan Vrancx - Versammlung von Soldaten auf einer Waldlichtung vor einer Kapelle

Auktion 1245 - Übersicht Köln
16.05.2024, 11:01 - Alte Kunst und 19. Jahrhundert, Teil I.
Schätzpreis: 60.000 € - 70.000 €
Ergebnis: 60.480 € (inkl. Aufgeld)

Sebastiaan Vrancx

Versammlung von Soldaten auf einer Waldlichtung vor einer Kapelle

Öl auf Holz. 45,2 x 66,2 cm.

Die Komposition zeigt eine Gruppe von Reitern und Fußsoldaten, entweder Berufssoldaten oder lokale Milizen, die sich in einer flämischen Landschaft auf einer Waldlichtung versammelt hat. Darunter befinden sich Kürassiere, Arkebusier, Musketiere und Piekeniere. Das sehr gut erhaltene Tafelbild ist ein exzellentes Beispiel für die militärische Genremalerei, für die Sebastiaan Vrancx so berühmt war. Vermutlich war es seine militärische Erfahrung als Offizier und späterer Hauptmann der Antwerpener Stadtgarde, die es Vrancx ermöglichte, Kleidung und Ausrüstung von Soldaten und deren kriegerische Handlungen so detailliert wie auf diesem Gemälde darzustellen.
Vrancxs vielfiguriges, 1617 datiertes "Heerlager" in der Hamburger Kunsthalle (Inv.-Nr. HK-334) ist mit vorliegendem Gemälde kompositorisch eng verwandt und ein Anhaltspunkt für eine mögliche Datierung. Ähnlichkeiten bestehen auch zum Gemälde „Überfall“ im Aschaffenburger Schloss Johannisburg (Inv.-Nr. 6295), das 1610 datiert wird. Möglicherweise entstand das vorliegende Gemälde noch vor 1617, als die Antwerpener Tafelmacherzunft auf der Rückseite von Tafeln das Wappen der Stadt (zwei Hände und eine Zitadelle) als Qualitätsmerkmal einführte. Dieser Brandstempel fehlt auf der Rückseite der Tafel. Eine weitere Version des Themas mit dem Titel "Reiterei und Fußvolk vor einer Kapelle" befindet sich in Gotha, Schlossmuseum Schloss Friedenstein, Gemäldesammlung (Inv.-Nr. SG 715). Dieses Tafelbild mit etwas kleineren Maßen ist mit SV monogrammiert (auf dem Pferd in der Mitte). Der befehlende Offizier auf dem Schimmel in der Bildmitte ist in der Gothaer Version durch einen geharnischten Ritter ersetzt, ansonsten sind die beiden Bilder nahezu identisch. Die zentrale Gruppe der vier Reiter mit dem geharnischten Offizier auf dem Schimmel ist zusammen mit den beiden rechts davon lagernden Soldaten ein bei Vrancx wie auch bei David Vinckboons wiederkehrendes Motiv. Es kann angenommen werden, dass Vrancx diese Komposition von seinem Amsterdamer Zeitgenossen übernommen hat. Klaus Ertz hat in seiner Monographie mehrere dieser Kompositionen Vinckboons mit dem Titel "Waldlichtung mit Vorbereitung auf einen Überfall" aufgeführt (K. Ertz: David Vinckboons, Lingen 2016, Kat.-Nr. 47-52). Vrancx hat diese zentrale Gruppe in einigen meist hochformatigen Gemälden wiederholt (vgl. z.B. Dulwich Picture Gallery, Inv.-Nr. DPG356).
Es stellt sich die Frage, ob Vrancx in diesem Bild ein konkretes historisches Ereignis dargestellt hat. Joost Vander Auwera, der die Zuschreibung an Vrancx bestätigt hat (schriftl. Mitteilung vom 12.3.2024) verneint dies. Gemälde von Vrancx sind größtenteils erfundene Szenarien ohne topographischen Bezug auf einen bestimmen historischen Vorgang mit anonymen Befehlshabern.

Provenienz

Österreichische Privatsammlung.

Ausstellung

Alte Galerie, Universalmuseum Joanneum Graz/Schloss Eggenberg, Leihgabe; April 2019 bis November 2023.