Otto Dix - Weite Ebene (Weiler hinter Bohlingen) - image-1

Lot 580 D

Otto Dix - Weite Ebene (Weiler hinter Bohlingen)

Auktion 905 - Übersicht Köln
02.06.2007, 00:00 - - 900. Auktionen - Moderne Kunst
Schätzpreis: 80.000 € - 120.000 €
Ergebnis: 166.600 € (inkl. Aufgeld)

Öl auf sehr feiner, kräftig weiß grundierter und über eine auch rückseitig weiß eingeschlämmte Holzplatte (14 mm) gezogener Leinwand 67 x 85,3 cm, gerahmt. Unten rechts rotbraun mit dem Signum des Künstlers bezeichnet und datiert 1939. Rückseitig in der Mitte der Platte mit rotem Stift von fremder Hand betitelt "Ebene mit Weizenfeldern" sowie mit dem Stempel einer Düsseldorfer Malmittelfirma versehen. - Die vom Künstler aufgebrachte farbige Lasur, die dem vorhandenen Rahmungsausschnitt entspricht, beließ die Ränder der Malerei frei, so daß diese heller ausfallen. - An den Kanten rahmungsbedingt mit geringfügigem Abrieb; bis auf wenige kleine fachmännische Retuschen im Rand- bzw. Kantenbereich in hervorragender Erhaltung.
Löffler 1937/7, ohne Größenangaben und Bildträger (irrtümlich betitelt: "Weiler hinter Bolingen" [sic])

Das Bild "Weite Ebene (Weiler bei Bohlingen)" taucht nach langer Zeit aus der Vergessenheit wieder auf: Unmittelbar nach seiner Entstehung schon verkauft, war es bis jetzt lediglich von einer Photographie her bekannt, so daß Fritz Löffler, der Verfasser des Dresdener Werkverzeichnisses der Gemälde von Otto Dix, weder seine Abmessungen noch die Datierung oder den Aufbewahrungsort kannte und es versuchsweise nur unter die Werke des Jahres 1937 einordnen konnte.
Unstreitig müssen die während des Rückzugs in die sogenannte "innere Emigration" geschaffenen Gemälde der 1930er Jahre als zweiter, wenn auch völlig anders gearteter Höhepunkt im malerischen Werk von Otto Dix gelten. Denn um der Aufmerksamkeit und Beobachtung durch die nationalsozialistischen Machthaber zu entgehen hatte sich der Künstler schon wenige Wochen nach seiner zwangsweisen Entlassung aus dem Lehramt an der Dresdner Akademie in der Bodensee-Gegend niedergelassen und konzentrierte sich hier ganz auf die Landschafts- und Porträtmalerei. Dabei vertiefte er sich in das Studium der mittelalterlichen Kunst, speziell der sogenannten Donau-Schule und lernte ihre anspruchsvolle Technik souverän zu beherrschen. Zu der handwerklich außerordentlich gediegenen Ausführung mit ihrer zeichnerischen Genauigkeit, die nichts Vages und Ungefähres zuließ und zu dem harmonischen Kolorit, mit denen die Bilder der 1920er Jahre schon gemalt worden waren, kamen nun noch eine Luzidität und eine Leuchtkraft der Farben, die sich der alten Lasurtechnik der mittelalterlichen Meister verdankte und die den Bildern jene Kraft und Großartigkeit verlieh, wie sie schon den Schöpfungen Altdorfers, Cranachs und Baldung-Griens eigen waren.
Es ist kein Zufall, daß Dix für diese Ansichten jeweils Motive von großer räumlicher Ausdehnung wählte, weil sich mit Hilfe übereinandergelegter Lasuren so eine Entwicklung des Motivs in die Tiefe und die Wiedergabe der besonderen atmosphärischen Gegebenheiten des Bodensee-Raumes erzielen ließen. Weiler ist ein kleiner Ort am westlichen Ausgang des Bodensees auf der Halbinsel Höri, die vom Zellersee und dem nach Schaffhausen fließenden Rhein umschlossen wird.
Der Blick geht über die Dächer von Weiler mit seinem gestuften Kirchturmgiebel im Vordergrund, über versprengte kleine Höfe und Siedlungen landeinwärts nach Bettnang und Bankholzen auf den Schiener Berg links sowie auf das in der Ferne erkennbare Rheintal.

Werkverzeichnis

Löffler 1937/7

Zertifikat

Wir danken Rainer Beck, Coswig, dem Bearbeiter des in Vorbereitung befindlichen neuen Werkverzeichnisses der Gemälde von Otto Dix, für freundliche ergänzende Hinweise

Provenienz

Ehemals Privatbesitz, Hagen; seitdem in Familienbesitz