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Lot 213 D

Georg Kolbe - Nonne (Kleine Nonne)

Auktion 997 - Übersicht Köln
22.05.2012, 00:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 35.000 € - 40.000 €
Ergebnis: 37.820 € (inkl. Aufgeld)

Bronzeplastik. Höhe 28,3 cm. Rückseitig oberhalb des Gewandsaums monogrammiert GK und seitlich neben dem rechten Fuß mit dem Gießerstempel "H. NOACK BERLIN" versehen. Ein Exemplar von mindestens 10 Güssen. - Mit schöner dunkelbrauner Patina, partiell aufgehellt. - Selten.

Berger 56

Als begeisterter Anhänger der Tanzkunst fühlte sich Georg Kolbe auch vom Ausdruckstanz der 1920er Jahre angezogen, er wurde für ihn eine wichtige Quelle der Inspiration. Nicht nur von der berühmten Tänzerin Gret Palucca, sondern auch von der heute kaum noch bekannten Charlotte Bara (eigentlich Bachrach, 1901-1986; sie gab ihr Debüt in Berlin 1919 bei Max Reinhardt) formte er nach gezeichneten Tanzstudien seine Skulpturen. Besonders fasziniert war er offenbar von Bara, die für ihr langsames, in sich gekehrtes Tanzspiel vor allem in Künstlerkreisen geschätzt war. So äußerte sich der Bildhauer und Grafiker Moissey Kogan tief beeindruckt in einem Brief an Gertrud Osthaus, der Gattin von Karl Ernst Osthaus: „Eine wahre Priesterin und Hüterin der Kunst ist die Charlotte Bachrach. Sie kommt nicht aus einer Welt des Tingel-Tangels, sie kommt, unserer Sehnsucht Gestalt zu geben. Sie ist sich vielleicht gar nicht bewusst, welche Kräfte in ihr schlummern. Ich sage dir, sie ist das heiligste und tiefste, was ich bis jetzt getroffen habe.“ (zit. nach: Ursel Berger, Georg Kolbe und der Tanz, Berlin 2003, S. 60). Bara hatte, obgleich jüdisch, eine Klosterschule besucht und war 1928 zum katholischen Glauben übergetreten. Ihre Tanzaufführungen spiegelten eine tiefe Religiosität wider und trugen Namen wie „Die versunkene Kathedrale“, „Auferstehung“ oder „Im Kloster“. Von dem 1923 aufgeführten Tanz „Im Kloster“ existieren Sepiazeichnungen Kolbes (s. Vergleichsabbildung), die die Grundlage für die Bronze „Nonne“ bilden. Laut Berger fasste Kolbe diesen Titel wie auch diejenigen für weitere auf Tänze Baras zurückgehende Bronzen („Auferstehung“ von 1920, Berger 36; „Törichter Engel“ von 1922, Berger 52) pantheistisch und nicht christlich auf (Kolbe trat 1925 aus der evangelischen Kirche aus, vgl. Berger, op.cit., S. 63).
Die langgestreckte, kniende Figur der „Nonne“ ist in ein bodenlanges Gewand gehüllt, ausdrucksstark greift sie mit ihrer rechten Hand über ihren Hinterkopf nach dem linken Kragen, in einer Gegenbewegung umklammert sie mit ihrer linken Hand den rechten Kragen, wodurch der in sich versunkene Kopf rautenförmig eingerahmt wird. Expressiv gesteigert wird die Wirkung durch die leichte Drehung des Körpers und den vertikalen, nach hinten hin kubisch abstrahierten Faltenwurf. Von dieser Figur ausgehend, schuf Kolbe im gleichen Jahr eine wesentlich größere Eichenholzfassung (Berger 57, Georg-Kolbe-Museum, Berlin). Ferner entwickelte er ebenfalls 1923 nach Tänzen Baras die Bronze „Adagio“ (Berger 58), eine seiner berühmtesten Figuren.

Werkverzeichnis

56 Berger

Provenienz

Rheinischer Privatbesitz

Literaturhinweise

Georg Kolbe/Richard Scheibe, 100 Lichtdrucktafeln, Marburg 1931, Taf. 36; Ludwig Justi, Georg Kolbe, Berlin 1931, Abb. 13