Diane Arbus Themen waren oft schwer verdaulich: Die amerikanische Fotografin porträtierte die Extreme der Gesellschaft, die Außenseiter, die Ausgestoßenen und Ungewollten, immer schwankend zwischen großem Einfühlungsvermögen und schockierender Direktheit. Damit brachte sie ihr eigenes zerrissenes Leben zum Ausdruck, das schließlich ein tragisch endete.
(...) WeiterlesenDiane Arbus - Eine sensible Gefangene in einem goldenen Käfig
Diane Arbus wurde am 14. März 1923 in New York City als Diane Nemerov geboren. Eigentlich stand ihr Leben unter einem guten Stern; ihre Familie war wohlhabend, besaß ein Pelz- und Modekaufhaus in der 5th Avenue. Diane pflegte ein besonders enges Verhältnis zu ihrem Bruder, dem bekannten Schriftsteller Howard Nemerov, auch ihre Schwester Renée machte sich später als Bildhauerin einen Namen. Für die Erziehung der drei Kinder sorgte das Personal, nahezu die ganze Familie neigte trotz des großen Wohlstandes zu Depressionen. Die künstlerische Begabung von Diane Arbus wurde früh erkannt und von ihrem Vater David Nemerov gefördert – als sie sich jedoch mit fünfzehn Jahren in den Fotografen Allan Arbus, einen Angestellten im Kaufhaus ihrer Familie, verliebte und ihn auch gleich heiraten wollte, wurde sie kurzerhand auf eine entfernte Kunstschule geschickt. Diane setzte trotzdem ihren Kopf durch und wurde Arbus' Ehefrau und Assistentin. Gemeinsam fotografierten sie die glamouröse Modewelt – ein Milieu, dessen unverbindliche Makellosigkeit die Künstlerin bald langweilte.
Fotografieren, was sonst niemand sieht
Diane Arbus wollte mehr, interessierte sich für die Abgründe, die sie auch selbst immer wieder in sich spürte. Im selben Maß, wie sie sich ihrem Mann und seinen glitzernden Motiven entfremdete, fühlte sie sich von der Schattenseite ihrer Heimatstadt New York angezogen. Der tiefe Schmerz über die Trennung von ihrer großen Liebe Allan Arbus trieb sie hinaus aus ihrer Komfortzone in die Außenseiter-Milieus der menschlichen Gesellschaft. Nudisten, Prostituierte, Missgebildete, Artisten, Transvestiten, geistig Behinderte, sie alle wurden Diane Arbus nicht ästhetisch inszeniert, sondern in ungekünstelter Direktheit in einer seltsamen Mischung aus Nähe und Distanz festgehalten. Ihre Ziele waren Leichenhäuser, psychiatrische Kliniken, Slums und Travestie-Shows. Sie sei einfach dahin gegangen, wo sie noch nicht gewesen war, sagte Arbus später einmal, sie habe fotografieren wollen, was ohne ihre Bilder niemand gesehen hätte. Das Ergebnis war schockierend und eine Provokation für das Publikum, das sich von der gezeigten Realität häufig überfordert fühlte. Der berühmte amerikanische Schriftsteller Norman Mailer soll gesagt haben, eine Kamera in den Händen von Diane Arbus sei ähnlich unberechenbar und gefährlich wie eine scharfe Handgranate in den Händen eines Kleinkinds.
Selbstzerstörerische Sehnsucht nach dem Elend
Die Wurzeln ihrer Faszination für das ungezeigte Elend verortete Diane Arbus in ihrer eigenen glücklichen Kindheit, der gerade dieses Gefühl des Schmerzes und der Verzweiflung fremd gewesen waren. Ihr Glück habe ihre Sehnsucht nach dem Elend geweckt, behauptete die Künstlerin. Ihr ungeschönter Blick auf das Zentrum des Schreckens brachte für die Mutter zweier Töchter einen enormen Reputationsschub: Diane Arbus durfte als erste Fotografin überhaupt ihre Arbeiten auf der Biennale in Venedig präsentieren. Trotz der großen Anerkennung, die ihrem Werk zuteilwurde, konnte die ambitionierte Künstlerin von den Erträgen ihrer Arbeit nicht leben; dieser Umstand verstärkte die Depressionen, unter denen sie schon seit ihrer Kindheit litt. Diane Arbus starb am 26. Juli 1972 durch Suizid.
Diane Arbus - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: