Gregory Crewdson - Der Mensch als Welt voller Geheimnisse
Gregory Crewdson wurde am 26. September 1962 im New Yorker Stadtbezirk Brooklyn geboren. Sein Vater, ein Psychoanalytiker, führte seine Praxis im eigenen Haus – direkt unter dem Zimmer seines Sohnes, der auf dem Fußboden lag und gespannt lauschte, wenn Fetzen der Patientengespräche nach oben drangen. In dieser unwirklichen und geheimnisvollen Atmosphäre entstanden die ersten Bilder und Traumwelten im Kopf des Jungen, die sich später massiv in seiner Kunst niederschlagen sollten. Diese Zeit schärfte in Gregory Crewdson das Bewusstsein dafür, dass jeder Mensch eine Welt voller Geheimnisse in sich birgt, wie der Künstler selbst zu sagen pflegt. Diesen Geheimnissen will er, der Jugendlicher in der Punk-Rock-Gruppe The Speedies aktiv war, mit seiner Kunst auf den Grund gehen. 1979 intonierte die Gruppe das Lied Let Me Take Your Foto, was für Crewdson ein wichtiger Impuls war, mit der Fotografie zu beginnen.
Zwischen Traum und Wirklichkeit
Mit seinen Bildern zeigt Gregory Crewdson scheinbar Alltägliches, das sich so doch niemals ereignen würde und das von einem träumerischen Hauch umweht wird. Seine Kompositionen sind ungeheuer aufwendige Inszenierungen, für die der Künstler oft mehrere Monate benötigt. Aus diesem Grund bestehen die Bilderserien von Gregory Crewdson in der Regel nur aus wenigen Teilen, die aber umso intensiver und eindringlicher auf den Betrachter einwirken. Die Ähnlichkeit der Fotokompositionen zu großen Hollywood-Filmen lassen sich kaum verleugnen und sind von ihrem Schöpfer beabsichtigt. Crewdson selbst nennt die schwarze Kunst von Thriller-König Alfred Hitchcock als eine wesentliche Inspirationsquelle, aber auch Parallelen zu Steven Spielbergs Science-Fiction-Abenteuer Unheimliche Begegnung der dritten Art sind erkennbar. Oft wählt Crewdson die klaustrophobischen Vorstädte der USA, die er in bewusster Anlehnung an David Lynchs surreales Drama Blue Velvet als gebrochene Idyllen, durchwirkt mit unsichtbarer Spannung, in Szene setzt.
Es gibt kein Entrinnen, Licht ohne Ursprung
Wenn auf den Bildern von Gregory Crewdson ein Feuer brennt, dann ist dem Betrachter auf Anhieb klar, dass niemand kommen wird, um es zu löschen. Verkehrsschilder zeigen keinen Weg, Ampeln verharren in unentschlossenem Gelb, Autos versinken im Schnee und manchmal fehlt den Welten von Gregory Crewdson jegliche Farbe. Ungeheuer wichtig für die Arbeit von Crewdson ist eine ausgefeilte Lichtchoreografie, die seine Bilder erhellt, aber niemals erleuchtet. Die sorgsam arrangierten Lichtstrahlen zeigen viel, doch sie verraten nichts – und oft ist vollkommen unklar, woher er überhaupt kommt, der schwebende Glanz, der alles in ein unausgesprochenes Geheimnis taucht, an dessen Lösung sein Urheber keinerlei Interesse hat. Gregory Crewdson fotografiert seine Modelle als Schlüssel ohne Schloss, als versiegelte Fenster und Türen, die er mit seiner Kamera durchdringt, ohne sie wirklich zu öffnen.
Atmosphäre als Aussage, Instinkt als Schlüssel
Crewdson legt Wert darauf, dass er mit seiner Arbeit keine bestimmte Aussage verbindet. Es ist allein die Atmosphäre, mit der er seine Betrachter erreichen will; seine sorgfältigen Kompositionen fordern ein nebulöses Gemisch aus Geduld und Instinkt, um alle verborgenen Details und ihre komplizierten Verbindungen zu erfassen. Die Zeit und die Mühe lohnen sich, denn die Werke des eigenwilligen amerikanischen Fotografen belohnen mit der unerwarteten Wiederkehr des lange Vergessenen und Verlorengeglaubten.
Gregory Crewdson - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: