Rineke Dijkstra fotografiert Menschen, bevorzugt Kinder und Jugendliche, porträtiert sie, aber inszeniert sie nicht, blickt mit ihrer Kamera vielmehr unmittelbar in das Innere ihrer Modelle und schafft so Bilder von großer Intimität, die den Betrachter faszinieren und ganz nah heranlassen.
(...) WeiterlesenRineke Dijkstra - Ein Verkehrsunfall bringt die künstlerische Wende
Rineke Dijkstra wurde am 2. Juni 1959 in Sittard in den Niederlanden geboren. Von 1981 bis 1986 studierte sie an der Gerrit Rietveld Akademie in Amsterdam und arbeitete im Anschluss als freie Fotografin für so renommierte Zeitschriften wie die »Avenue«, die »Elegance« und die »Elle«. Bereits während ihres Studiums hatte Rineke Dijkstra 1984 in der Amsterdamer Galerie de Moor ihre erste Einzelausstellung abhalten können. In ihren ersten Jahren als Fotografin porträtierte sie häufig für ein Wirtschaftsmagazin bedeutende Geschäftsleute und Unternehmer. Dabei fühlte sie sich zunehmend irritiert und abgestoßen von dem selbstbewussten Auftreten der Porträtierten, die sich vor der Kamera häufig mit großer Selbstsicherheit in Szene setzten. Nach einem schweren Autounfall war Dijkstra mehrere Monate lang zur Untätigkeit verdammt und fing an, regelmäßig zu schwimmen, um einer drohenden Operation an der Hüfte zu entgehen. Bei ihren Besuchen im Hallenbad porträtierte sie sich selbst, stellte ihre eigene Unsicherheit und Verletzlichkeit im Bild dar. Das Ergebnis berührte sie und Rineke Dijkstra beschloss, diese Erfahrung als Grundlage für ihre weitere Arbeit zu nutzen.
Internationaler Durchbruch mit den »Beach Portraits«
Unmittelbar nach ihrer Genesung begann Rineke Dijkstra damit, ihren neu entdeckten künstlerischen Ansatz weiterzuverfolgen. Zunächst bat sie ihren Freundeskreis, für sie in Badekleidung am Strand zu posieren, aber die Bilder, die dabei entstanden, wirkten auf die Fotografin ebenfalls viel zu künstlich und gestellt, sodass sie diese ersten Versuche allesamt verwarf. Erst ein 13-jähriges Mädchen lieferte als Modell das gewünschte Ergebnis, was zu einer ausgedehnten Serie führte: Ein ganzes Jahrzehnt, von 1992 bis 2002, fotografierte Rineke Dijkstra an europäischen und amerikanischen Stränden Kinder und Jugendliche in Badekleidung. Diese sogenannten »Beach Portraits« brachten der Künstlerin in den 1990er-Jahren den internationalen Durchbruch. Das Publikum zeigte sich fasziniert von den Bildern, die die Modelle weder inszenierten noch vorführten, aber doch sehr intim und gleichzeitig distanziert abbildeten. Ihrem erfolgreichen Stil blieb Dijkstra in den folgenden Jahren konsequent treu, für ihre Serie »New Mothers« nahm sie Aktfotografien junger Mütter mit ihren Kleinkindern auf, für »The Buzz Club« porträtierte sie jugendliche Tänzer in einem Liverpooler Club.
Die Menschen sichtbar machen und die Wahrnehmung verändern
Rineke Dijkstra beobachtet ihre Modelle, spricht mit ihnen, bemüht sich darum, etwas festzuhalten, das charakteristisch für die Persönlichkeit der Fotografierten ist, das Innere der Seele im Äußeren des Bildes zu dokumentieren. Als Künstlerin nimmt sie sich zurück, verzichtet bewusst auf eine Gestaltung der Bilder und bemüht sich, die fotografierten Personen mit ihren unterschiedlichen Facetten zur Geltung zu bringen. Dazu gehört auch, dass sie Menschen nie ohne deren Wissen fotografiert, sondern immer nur mit deren ausdrücklichem Einverständnis. Der Akt des Fotografierens ist zur gleichen Zeit ein Akt der Begegnung zwischen Fotografin und Modell. Rineke Dijkstra, die Judith Joy Ross und Diane Arbus als ihre wichtigsten Vorbilder nennt, will eine Beziehung aufbauen zu ihren Modellen – dafür überlässt sie diesen in letzter Konsequenz die Gestaltung des Bildes, das zu gleichen Teilen von dem Können der Fotografin und dem Wesen der Fotografierten getragen wird. Rineke Dijkstra kämpft auf diese Weise gegen Vorurteile – gegen ihre eigenen und gegen die ihres Publikums.
Rineke Dijkstra - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: