Richard Estes entgeht nichts: Jedes Detail, sei es auch noch so winzig und vermeintlich unbedeutend, wird von dem scharfen Auge des Künstlers erspäht und für seine fotorealistischen Gemälde berücksichtigt. Seine Gabe, die Wirklichkeit hyperrealistisch ins Bild zu setzen und zu einzigartigen Perspektiven zu verdichten, macht ihn zu einem der gefragtesten Künstler unserer Zeit.
(...) WeiterlesenRichard Estes - Studium in Chicago, Illustrationen als Brotberuf
Richard Estes wurde am 14. Mai 1932 in Kewanee, Illinois geboren. Sein künstlerischer Werdegang begann in Chicago, wo er an einer klassischen Akademie die bildenden Künste studierte. Von Anfang an faszinierten ihn die großen Maler des Realismus, darunter Thomas Eakins, Edward Hopper und Edgar Degas. Nach dem Abschluss seines Studiums zog es ihn nach New York; dort arbeitete er als Grafiker für eine Werbeagentur und fing in seiner Freizeit damit an, Fotografien in Gemälde umzusetzen. 1962 übersiedelte Richard Estes nach Spanien, ab 1966 konnte er es sich leisten, hauptberuflich als Maler tätig zu sein. Der Erfolg stellte sich schnell ein, bereits 1968 erhielt er seine erste Einzelausstellung in der Allan Stone Gallery in New York. 1972 gehörte er zu den Künstlern, die auf der fünften documenta in Kassel der fotorealistischen Kunst zu ihrem Durchbruch verhalfen.
Hyperrealistische Stadtlandschaften ohne Makel
Richard Estes benutzt als Vorlagen für seine hyperrealistischen Darstellungen meist eigene Fotografien. Seine frühen Motive kamen vor allem aus der Werbung, er setzte Reklametafeln, Plakate und Schilder in seine eigenen Bildkompositionen um. Ganz bewusst mied er von Anfang an ikonische Motive, berühmte Sehenswürdigkeiten, vielgezeigte, unverwechselbare Gebäude und Landschaften. Trotzdem gelang es Richard Estes schon früh, das Alltägliche, Zufällige, eigentlich Gewöhnliche in einzigartige Kompositionen und Perspektiven zu fassen, die zu seiner rasch wachsenden Popularität bei Kritik und Publikum führten. Immer stärker kristallisierte sich dabei die Stadtlandschaft als sein bevorzugtes Motiv heraus. Die Methode, nach fotografischen Vorlagen zu malen, führte dazu, dass Richard Estes neben der Malerei auch die Fotografie erlernte und darüber hinaus Kenntnisse in der Fotomontage erwarb. Fast immer ist es der New Yorker Stadtteil Manhattan, der Estes zu seinen glänzenden, tiefen Darstellungen inspiriert; in den 1990er-Jahren entstanden auch einige Bilder von der amerikanischen Ostküste.
Die Wirklichkeit als künstlerische Komposition
Richard Estes zeigt die Realität auf eine beinahe unglaublich detaillierte Weise, aber er kopiert sie nicht. Er malt nach Fotografien, aber malt das darauf Enthaltene, Festgehaltene nicht einfach ab, sondern setzt es in Herz und Kopf wieder in Bewegung, arrangiert es neu und bringt es auf der Leinwand wieder zum Stillstand. Der Blickwinkel, den er mit seinen Gemälden einnimmt, ist für das menschliche Auge kaum zu erreichen, er besteht aus Verdichtungen, Spiegelungen und Lichtreflexen, zeigt eine lebendige Welt, in der es kein Leben gibt: keine Menschen, keine Tiere. Nur selten weicht der Künstler von dieser Regel ab. Obwohl Richard Estes nichts Ikonisches malt, sind seine Gemälde längst selbst zu Ikonen geworden – seine wachsende Anhängerschar erkennt auf den ersten Blick, wenn sie ein Werk des verehrten Meisters vor Augen hat, und selbst die Kritiker des Hyperrealismus müssen anerkennen, dass es dem Künstler gelungen ist, inmitten größter Detailtreue zu einer eigenen Bildsprache zu finden.
Richard Estes lebt und arbeitet in Maine und New York.
Richard Estes - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: