Nancy Spero

Nancy Spero wurde am 24. August 1926 in Cleveland, Ohio geboren. Ihre Familie zog aber schon kurz nach ihrer Geburt nach Chicago, wo Spero ihre Kindheit verbrachte. Sie besuchte die New Trier High School, studierte von 1944 bis 1945 an der University of Colorado Boulder und erwarb 1949 ihren Bachelor am Art Institute of Chicago bei der modernen Bildhauerin Kathleen Blackshear (1897–1988), unter deren Einfluss sie sich mit den im Field Museum of Natural History ausgestellten Artefakten beschäftigte. Eine Vorlesung des französischen Malers und Bildhauers Jean Dubuffet (1901–1985) bestärkte Spero in ihrem Interesse an Totems indigener Kulturen. Während ihres Studiums lernte sie den jungen GI Leon Golub (1922–2004) kennen, der aus dem Zweiten Weltkrieg zurückgekehrt war. Beide stellten gemeinsam mit der Gruppe The Monster Roster im Hyde Park Art Center aus. Nancy Spero ging 1949 nach Paris, wo sie bis 1950 an der École nationale supérieure des beaux-arts des Paris und im Atelier des kubistischen Malers André Lothe (1885–1962) studierte.

Nancy Spero kehrte 1950 in die USA zurück und heiratete ihren Studienfreund Leon Golub, die Ehe hielt bis zu dessen Tod im Jahr 2004, das Paar hatte drei gemeinsame Söhne. 1959 zog die junge Familie nach Paris, wo Spero und Golub die Kunstszene als vielfältiger und integrativer empfanden als es zu dieser Zeit in New York der Fall war. Bei Aufenthalten in Florenz und Ischia hatte Nancy Spero eine Faszination für etruskische und römische Fresken und Sarkophage entwickelt, die sich in ihrem künstlerischen Werk niederschlug. In Paris entstanden die Black Paris Paintings, expressive figurative Ölgemälde, die Themen wie Mutterschaft, Prostitution und Liebe behandelten. Durch den Einsatz von Terpentin erzielte sie einen antikisierenden Effekt. Ab 1964 lebten Nancy Spero und Leon Golub wieder in den USA und trafen während des Vietnamkriegs auf eine aufgeheizte und angespannte politische Atmosphäre. Angeregt durch die Unruhen auf der Straße und den Fernsehbildern des Krieges schuf Nancy Spero von 1966 bis 1970 mit schnell ausgeführten Gouache- und Tintenbildern auf Papier, mit der sie die Obszönität des Krieges anprangerte.

Nancy Spero verstand ihre Kunst von Anfang an politisch und setzte sich sehr für den Feminismus ein. 1974 hörte sie damit auf, Männer zu malen. Auf ihren Bildern erschienen nur noch Frauen, die aber auch für die gesamte Menschheit stehen konnten. Sie ließ Frauen mit Dildos tanzen, prangerte das Elend weiblicher Folteropfer an und suchte nach einer neuen Formulierung für die weibliche Identität. Trotzdem bezog sie sich in ihrer Arbeit auch auf männliche Künstler: Ihre mit Text versehenen Collagen der Serie Codex Artaud waren dem französischen Schauspieler Antonin Artaud (1896–1948) gewidmet, eine Text- und Bildinstallation für das Jüdische Museum in New York schöpfte aus Gedichten von Bertolt Brecht (1898–1956) und Nelly Sachs (1891–1970). Eine größere Öffentlichkeit konnte die Außenseiterin mit ihrem Werk jedoch erst erreichen, als sie die A.I.R. Gallery mitbegründete, in der ausschließlich Frauen ausgestellt wurden.

 

Nancy Spero starb am 18. Oktober 2009 in New York City.