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Lot 684 D

Willi Baumeister - Konstruktivistisch (6)

Auktion 1013 - Übersicht Köln
25.05.2013, 11:30 - Moderne Kunst und Sammlung Rau für UNICEF - 25. Mai 2013
Schätzpreis: 45.000 € - 50.000 €
Ergebnis: 64.660 € (inkl. Aufgeld)

Öl, Spachtelkitt und Sand auf Karton 18 x 24,7 cm, gerahmt. Unten rechts mit der geritzten Signatur 'W. Baumeister'. - In schöner Erhaltung.

Beye/Baumeister 239

Die neuen formalen Tendenzen im Werk Willi Baumeisters nach dem I. Weltkrieg finden sich u.a. verwirklicht in der Gruppe der rein abstrakten "Flächenkräfte", 1920/1921 entstanden. Die bedeutendsten Kompositionen in diesem Zusammenhang jenseits der "Figur" sind etwa "Flächenkräfte" (Beye/Baumeister 230), "Flächenbalance" (Beye/Baumeister 233) oder "Figur mit schwarzem Feld" (Beye/Baumeister 242). Schon in diesen Arbeiten Baumeisters erscheint interessanterweise eine schwarze Fläche, ein Hochrechteck, als optisches Zentralgewicht dominierend.
"Es sind Bilder von größter Einfachheit und Strenge, die Abstraktion ist bis zum äußersten getrieben. Aber wie bei Mondrian ist die Abstraktion nicht leer; Flächenteilung, Farbe und Rhythmus begleichen die Vorstellung des Malers von dem, was die Welt im Innersten zusammenhält. [...] Baumeister selbst bezieht sich in seinen damaligen Äußerungen nicht auf Mondrian, sondern auf Cézanne (abschätzbare Tiefe), den Kubismus (zusammenwachsende Teile zur Fläche) und den Nachkubismus (Organisation der Flächen in der Fläche); so wenigstens faßt er seine Vorstellungen in einem Aufsatz über die Fläche zusammen, der 1923 geschrieben und 1925 in der 'Baugilde' veröffentlicht ist. Er erwähnt in diesem Zusammenhang auch seine 'Mauerbilder' und setzt sie in Beziehung zur neuen funktionellen Architektur." (Will Grohmann in: op. cit., 1963, S. 40).
In diesen Zusammenhang gehören unmittelbar eine Folge von 6 formalen Varianten, die unter dem Titel "Kontruktivistisch" dokumentiert sind (Beye/Baumeister 234-239). Sie alle sind aus einer grösseren Komposition der Flächenkräfte (vgl. Beye/Baumeister 234 S. 105 mit Abb. unten) herausgetrennt und als eigenständige Kompositionen, formal isoliert, von Baumeister signiert worden. Im vorliegenden Fall liegt ein Flächenfragment aus der rechten oberen Bildhälfte der ursprünglichen Komposition vor. Dem Dreieck mit violetter Spitze begegnet der senkrechte Anschnitt der ursprünglichen zentralen schwarzen Fläche. Die geometrische Form und die wenigen Farbelemente sind um reliefartig mit rauhem Putz versehene Felder ergänzt. Es ergibt sich in kleinerer Struktur eine buchstäbliche Neugewichtung der ursprünglichen formalen Proportionen.
Rein abstrakte Arbeiten aus dieser frühen Werkphase Willi Baumeisters sind heute von äusserster Seltenheit.

Werkverzeichnis

Beye/Baumeister 239; Grohmann 127

Provenienz

Dr. Alfred Gunzenhauser, Berlin; Graphisches Kabinett Kunsthandel Wolfgang Werner KG, Bremen; ehemals rheinische Privatsammlung; seitdem in Familienbesitz

Literaturhinweise

Will Grohmann, Willi Baumeister - Leben und Werk, Köln 1963, S. 40; Werkverzeichnis Nr. 127 mit Abb. ("Konstruktivistisch VI"); Peter Chametzky, Autonomy and Authority in German Twentieth-Century Art - The Art and the Career of Willi Baumeister (1889-1955), Phil. Diss., New York 1991 (maschinenschriftl.), Bd. 1, S. 192, Bd. 2, S. 543, mit Abb. 56

Ausstellung

Bremen 1973 (Graphisches Kabinett Kunsthandlung Wolfgang Werner KG), Willi Baumeister, Kat. Nr. 6 mit Abb.