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Lot 316 Dα

Alexander Kanoldt - Stadtbild (Klausen)

Auktion 1110 - Übersicht Köln
01.06.2018, 17:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 50.000 € - 60.000 €
Ergebnis: 53.320 € (inkl. Aufgeld)

Alexander Kanoldt

Stadtbild (Klausen)
1912

Öl auf Leinwand 60 x 75,5 cm Gerahmt (Historischer schwarzer Holzrahmen, Spanien, 17. Jh.). Unbezeichnet. - Rückseitig auf der Leinwand mit dem Pinsel grauschwarz beziffert "232 )"; auf dem Keilrahmen oben mittig mit übereinander liegenden Fragmenten von bedruckten Ausstellungsaufklebern, u.a. vom Kunstpalast Düsseldorf (stark verbräunt). - Vornehmlich im Randbereich und in der rechten Bildhälfte mit vereinzelten Retuschen. Professionell restauriert.

Zu den Höhepunkten in Alexander Kanoldts Werk vor dem I. Weltkrieg zählen die heute raren, kubistisch beeinflussten Gemälde des Frühwerks, neue Landschaften und Stadtarchitekturen, die der weiteren Werkentwicklung in den 1920er Jahren vorausgehen. Kanoldt zählte bekanntlich zu den wichtigsten Protagonisten der "Neuen Sachlichkeit". Nach des Künstlers Rezeption und Verarbeitung von Pointillismus und Expressionismus, vor allem des farbigen Flächenstils des Künstlerkollegen Jawlensky, hatte Kanoldt wohl erstmals 1910 bei Thannhauser, auf der zweiten Ausstellung der Neuen Künstlervereinigung, Werke von Picasso, Braque und Derain wahrgenommen. Vor allem zum kubischen Formvokabular Derains sollte sich eine gewisse Affinität einstellen. Auf seinen Reisen vor 1914 entstehen nicht nur die wichtigen wegweisenden italienischen Motive wie zu San Gimignano, sondern auch die beispielhaften Bilder zu Klausen in Südtirol.
Das vorliegende, lange Zeit verschollene Gemälde aus der Sammlung des Düsseldorfer Arztes Dr. Hans Koch war 1912 schon publiziert und abgebildet. Nach Mitteilung von Michael Koch gibt es auf dem dazu verwendeten Foto den Hinweis auf die Provenienzen Flechtheim und Koch; zudem ist das Entstehungsjahr 1912 verbürgt duch eine Fotobeschriftung Kanoldts in einem seiner persönlichen Werkalben. Eine Vorzeichnung befindet sich in einem der Skizzenbücher Kanoldts. 1920 wurde das Gemälde in Düsseldorf auf der Grossen Kunstausstellung im Kunstpalast gezeigt.
Die bemerkenswerte, großformatige Komposition konzentriert das Motiv "Klausen" auf die geometrisierte Darstellung von gestaffelten Architekturen, darunter der beherrschende Kirchturm als aufragender Quader in der rechten Bildhälfte in gewagtem Anschnitt. Diese neutralisierte und zurückgenommene Darstellung mit reduzierter Farbigkeit und dosierten Lichtkontrasten vermittelt sich durch verschiedene, sehr differenziert abschattierte Grauwerte, zu denen das Rot der Dächer und das Grün angedeuteter Vegetation stimmungshaft und zart am Rand der Koomposition hinzutreten. Die dunkle Flächenstruktur wird belebt durch den Pinselauftrag und eine leichte gerauhte Oberfläche, die sich durch die Grobkörnigkeit der Grundierung ergibt und wohl sehr bewusst eingesetzt ist.
"In den Häuserbildern Kanoldts wurde zum erstenmal das Bild der Stadt von innen heraus gestaltet. [...] Die Kompaktheit und die schwere Ruhe kubischer Gebilde sprechen stark zu diesem Maler, so fügt und schichtet er streng begrenzte Flächen zu einem machtvollen Aufbau. Seine Farbe ist gehaltvoll, gebunden und von einer schwerblütigen Reife. [...] Wie in seinen Bildern, so scheint in seinem Verfahren, ja in seiner Entwicklung alles Überflüssige ausgeschaltet. Er hält sich durchaus an das Gegebene, und doch verwandelt er es völlig. [...] Solche Werke tragen das Gepräge der Notwendigkeit." (Otto Fischer, 1912, in: Das Neue Bild, op.cit., S. 37 f.).

Zertifikat

Das Werk wird in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis der Gemälde von Alexander Kanoldt von Michael Koch, München, aufgenommen.
Wir danken Michael Koch ergänzend für freundliche Auskunft und wissenschaftliche Beratung.

Provenienz

Galerie Flechtheim (möglicherweise bis 1917); Ehemals Sammlung Dr. Hans Koch, Düsseldorf/Randegg; Privatsammlung Nordrhein-Westfalen

Literaturhinweise

Otto Fischer, Das Neue Bild. Veröffentlichung der Neuen Künstlervereinigung München, München 1912, mit Abb. Tafel S. 26; Peter Selz, German Expressionist Painting, Berkley/Los Angeles 1957, Nr. 70 mit Abb. ("Cityscape ca. 1912 Private collection"); Brigitte Fischer-Hollweg, Alexander Kanoldt und die Kunstrichtungen seiner Zeit, (Phil. Diss.) Bochum 1971, Katalog der Gemälde Nr. M 10 ("Stadtbild, um 1910, keine näheren Angaben bekannt") mit Abb. 15; Angelika Müller-Scherf, Klassizismus und Realismus im Werk von Edmund und Alexander Kanoldt, in: Ausst. Kat. Alexander Kanoldt, Gemälde, Zeichnungen, Lithographien, Freiburg/Wuppertal 1987, S. 20; Michael Koch, Die 'Neue Künstlervereinigung München' und der Kubismus, in: Annegret Hoberg/Helmut Friedel (Hg.), Der Blaue Reiter und das Neue Bild, Von der 'Neuen Künstlervereinigung München' zum 'BlauenReiter', Ausst. Kat. Städtische Galerie im Lenbachhaus, München 1999, S. 291 mit Farbabb.

Ausstellung

Düsseldorf 1920 (Städtischer Kunstpalast), Große Kunstausstellung, Kat. Nr. 613 ("Stadtarchitektur. Rheinischer Privatbesitz"); Düsseldorf 2005 (Galerie Remmert und Barth), 25 Jahre Remmert und Barth 1980 - 2005. Ausgewählte Werke, Kat. Nr. 97 mit Farbabb.