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Lot 295 D

H.A.P Grieshaber - Die Lorelei. Die Legion. CCA. Aus: Der Rhein

Auktion 1134 - Übersicht Köln
31.05.2019, 17:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 30.000 € - 40.000 €
Ergebnis: 24.800 € (inkl. Aufgeld)

H.A.P Grieshaber

Die Lorelei. Die Legion. CCA. Aus: Der Rhein
1964

6 Original-Holzschnitte auf festem handgeschöpften Papier Von 294 x 117 cm bis 300 x 117,5 cm (von 311 x 126,5 cm bis 330,5 x 126 cm) 4 Blätter signiert. Jeweils mit der fortlaufenden Blattnummer '6' bis '11' bezeichnet. Einer von nur 2 Abzügen. 6 der insgesamt 11 Blätter umfassenden Folge "Der Rhein", jeweils 2 Blätter ergeben ein Motiv. Gedruckt von Gerhard Köhler, Kartung b. Karlsruhe. Die Druckstöcke sind als Holzstockwand im Raucherfoyer der Bonner Oper ausgestellt. - Etwas unregelmäßig minimal gebräunt, teils im oberen Bereich etwas fleckig.

HAP Grieshaber steht für den Inbegriff des Holzschnitts, auch wenn er immer wieder mal in die scheinbar einfachere Technik der Aquarell- und Ölmalerei flieht, Bühnenbilder und Kostüme kreiert oder sich etwa auf der documenta III mit seinen Holzstöcken als Bildhauer in Szene setzt. Der Holzschneider Grieshaber entwickelt den Holzschnitt - das Medium der Moderne seit den Expressionisten der „Brücke“ - nicht einfach weiter, sondern er experimentiert mit Flächen überspannenden Zeichnungen von phantastischer Dichte auf monumentalen Papiergrößen wie mit dieser Serie und stellt den Holzschnitt auf die Höhe der Malerei.
Von der kompletten Serie „Der Rhein“ existieren laut Werkverzeichnis nur zwei Abzüge dieser sechsteiligen Wandarbeit, drei Meter hoch und über dreizehn Meter lang, zusammengesetzt aus fünf Holzstöcken mit jeweils zwei Elementen und einem einzelnen Abschnitt. Wegen des übergroßen Formats kommt keine Druckerpresse zum Einsatz; das Papier wird über den eingeschwärzten Holzstock gelegt und mit Falzbein und Löffeln durchgerieben. „Ich sollte einen Wandteppich [für das Bonner Stadttheater, heutige Oper] entwerfen. Aber ich wollte keinen Wandteppich. In diesem Fall fand ich, sei er - im Rauch des Foyers - nicht unbedingt das Richtige. Zudem hatte ich schon gleich eine andere Idee. Und ich war froh, daß sie akzeptiert wurde. Da floß der Rhein. Dicht an seinem Ufer steht der Bau. Und ich dachte, ich mach etwas mit Bohlen. Mit schweren massiven Bohlen“, so der Künstler in einem Gespräch mit Maria Wetzel (zit. nach den „Brusberg Dokumenten“, Nr. 34, Berlin 1994, S. 27.). Grieshaber entwickelt eine Holzstockwand aus Redwoodholz, in deren Oberfläche er die Motive schneidet und den Verlauf des Rheins von seiner Quelle vorbei an Landschaften und Städten bis zum Meer erzählt und dabei Märchen, Mythen und Legenden verbildlicht (s. Vergleichsabb.). Kein anderer deutscher Fluss war Gegenstand so vieler Gedichte und Lieder wie der Rhein, etwa der sagenumwobene Nibelungenschatz Rheingold oder das Gedicht „Die Loreley“ von Clemens Brentano, das gleichnamige Gedicht von Heinrich Heine oder die Hymne an den Rhein von Friedrich Hölderlin und schließlich „Das versunkene Schloss“ von Friedrich Schlegel. Und nicht erst mit den Freiheitskriegen gegen Napoleon bekommen die Hymnen, Lieder und Gedichte einen politischen, nationalen Akzent. Grieshaber „pickt“ sich gewissermaßen für sich geeignete Themen heraus, beginnt seine kraftvolle Setzung mit der Personifizierung der Quelle, widmet sich dem Weinbau und den Fährdiensten, kann nicht umhin, sich dem Schieferfelsen Loreley und den sich darum rankenden Geschichten zu widmen, um schließlich der alten Römerstadt Köln zu huldigen. Grieshaber zeichnet seine Erzählung augenfällig detailliert und gräbt mit den Holschnittwerkzeugen im Gegensatz zu seinen sonst üblichen, großflächigen Gesten feine, nahezu Düreresque Linien in die Oberfläche des Holzes und schildert die Ereignisse unter und über dem Wasserspiegel. Eine komplexe, erzählerisch vielschichtige Betrachtung des Rheins entsteht, ein Thema, das Jahre später, 1982, Anselm Kiefer ebenfalls in großformatigen Holzschnitten gestalten wird, aber zu einem ganz anderen Ergebnis kommt, um seine Sicht auf den mythen- und geschichtsbeladenen Strom zu erzählen. Eine komplette Holzschnittfolge von Grieshabers „Rhein“ befindet sich in der Hamburger Kunsthalle, drei Episoden aus der monumentalen Folge eines weiteren Exemplars, direkt vom Künstler erworben, liegen nun hier vor.

Werkverzeichnis

Fürst 64/111, 112, 113

Provenienz

Direkt vom Künstler erworben, seitdem Privatbesitz Norddeutschland

Literaturhinweise

HAP Grieshaber. Der Rhein, mit Texten von Heinrich Böll u. Albrecht Fabri, hrsg. v. Galerie Der Spiegel, Köln 1965; Karl-Heinz Kukla/Horst Zimmermann, HAP Grieshaber. Holzschnitte, Ausst. Kat. Zentrum für Kunstausstellungen der DDR, Kunsthalle Rostock, Berlin 1977, S. 147, Nr. 600-602; Willem Sandberg/Margot Fürst, Grieshaber. Der betroffene Zeitgenosse, Stuttgart 1978, S. 299, mit Abb. der Drucke in der Kunsthalle Hamburg; Ursel und Jürgen Zänker, Kunst und Altertum am Rhein. Bauen im Bonner Raum 49-69. Führer des Rheinischen Landesmuseums in Bonn, hrsg. vom Landschaftsverband Rheinland, S. 170; Thomas Kliemann, Zeitlos schön, in: Bonner General-Anzeiger vom 4.5.2015; Stadttheater, in der Reihe: Architekturführer der Werkstatt Baukultur Bonn, Bd. 3, Bonn 2015, S. 32 ff.