Heinrich Zille
Standesamt
1909
Tuschfederzeichnung und Aquarell auf elfenbeinfarbnem Halbkarton, das Motiv mit Tuschfeder rahmenartig umrissen 16,1 x 25,9 cm / 16,7 x 27,2 cm Unter Glas gerahmt. Unten rechts mit Tusche signiert und datiert 'H. Zille. 09.'. An den Seitenrändern je mit dem Stempel "Sporthumor" versehen, mit Bleistift gestrichen, rechts mit Tinte nummeriert "209". - Mit Reißnagellöchern in den Ecken, der Karton minimal gebräunt.
Heinrich Zille, der seine Berliner Zeitgenossen stets mit warmem Humor aufs Korn nimmt, kann sich in dieser Szene einer gewissen Prise Sarkasmus nicht erwehren.
Szene auf dem Standesamt: links die festlich gekleidete Familie der Braut, sichtlich zufrieden im Einklang und kurz vor dem Abschluss eines guten Geschäfts stehend. Die Braut rechts in Weiß und hochschwanger, den Bauch überspielend mit einem großen Rosenbouquet, ist untergehakt bei ihrem zukünftigen Gatten, der - betagt, beleibt und betucht - sich auch zu freuen scheint über sein junges Glück. Gleichsam kommentiert wird das Geschehen mit den entsprechenden Anschlägen „Bedürftige Mütter“, „Mütter“ und „Mutterschutz“ und interpretiert die bevorstehende Hochzeit als Schutzmaßnahme und mildtätige Rettung der jungen Braut, deren Kriegslist aus ihren Augen zu blitzen scheint.
Möglicherweise war die Arbeit für die damals sehr beliebte humoristische Zeitschrift im Gefolge des Simplicissimus, den „Sporthumor“ vorgesehen.
Provenienz
Villa Grisebach, Heinrich Zille und das kritische Berlin, Berlin, 7. Juni 2002, Lot 1561; Privatsammlung Deutschland