Heinrich Zille - Selbst finanziertes Zeichenstudium bei Theodor Hosemann
Heinrich Zille wurde am 10. Januar 1858 in Radeburg bei Dresden geboren. Der Sohn eines Uhrmachers wuchs in äußerst bescheidenen Verhältnissen auf. In Berlin musste Zille schon als Kind durch Gelegenheitsarbeiten seinen Beitrag zum Auskommen der Familie leisten. Die sozialkritischen Stiche von William Hogarth, die er in Pfennigmagazinen abgedruckt fand, weckten Heinrich Zilles Interesse an der Zeichnung. Seinen ersten privaten Zeichenunterricht finanzierte er selbst, ehe er an der Königlichen Kunstschule bei dem Maler und Karikaturisten Theodor Hosemann ein ordentliches Studium begann. Hosemann ermunterte seinen Studenten, auf die Straße zu gehen und das Leben dort zu beobachten; das freie Zeichnen nach der Wirklichkeit sei viel besser als alle strenge akademische Stillehre. Nach seinem Studium fand Heinrich Zille zunächst Arbeit als Zeichner für Damenmoden, Werbemotive und Kitschbilder; zum Vergnügen porträtierte er nebenbei seine Arbeitskollegen. In dieser Zeit erlernte Zille weitere Techniken, machte sich mit Ätzradierung, Bunt- und Lichtdruck, Heliogravüre, Klischees, Retusche und Zinkografie vertraut.
In der Berliner Unterschicht fand Heinrich Zille sein Milljöh
Heinrich Zille lernte die Tiermaler Richard Friese und Oskar Frenzel kennen und trat in die Photographische Gesellschaft Berlin ein, der er 30 Jahre lang die Treue halten sollte. Seinen Militärdienst erlebte er als unangenehme Erfahrung, die er in einer Vielzahl Skizzen und Notizen verarbeitete. Seine Kriegs- und Soldatenbilder wiesen zwar einen durchgängig satirischen Ton auf, waren aber auch patriotisch gehalten und wurden deshalb als Kriegsverherrlichung eingestuft, was nicht der Absicht des Künstlers entsprach. Auf Anregung von Otto Nagel schuf er darum eine Serie von Antikriegsbildern, genannt Kriegsmarmelade. Als er um die Jahrhundertwende das proletarische Milieu für sich entdeckte und es in zahlreichen Zeichnungen und mitunter auch Fotografien verewigte, brachte ihn das in Konflikt mit seinem Arbeitgeber und führte schließlich zu seiner Entlassung. Heinrich Zille zeigte sich davon tief getroffen und bestürzt, ließ sich aber von befreundeten Künstlern wie Paul Klimsch und Max Liebermann ermutigen, sein künstlerisches Potenzial endlich ganz auszuschöpfen. Jetzt entstanden die berühmten Kombinationen aus Bild und Text, die für Heinrich Zille so charakteristisch waren und ihm den liebevollen Spitznamen Pinselheinrich eintrugen.
Trotz vieler Ehrungen und großer Erfolge blieb Heinrich Zille bescheiden
Heinrich Zille verbarg hinter der humoristischen Oberfläche seiner Zeichnungen oft tiefe Abgründe von Tragik und Elend. Seine Bilder erschienen in Zeitschriften wie dem Simplicissimus und der Jugend; als Mitglied der Berliner Secession und des Deutschen Künstlerbundes erlangte er schließlich überregionale Bekanntheit, wurde vom lokalen Phänomen zur gefeierten nationalen Künstlerpersönlichkeit. Dabei blieb Heinrich Zille immer bescheiden, woran auch die Ernennung zum Professor an der Preußischen Akademie der Künste nichts änderte. Zille liebte die Kinder, übernahm unzählige Patenschaften und machte sie immer wieder zum Gegenstand seiner Zeichnungen. Befreundet war er mit Größen wie Käthe Kollwitz, Ernst Barlach, Lyonel Feininger, August Gaul, August Kraus und anderen, die er feinsinnig porträtierte, ohne dabei zur Gänze in die Karikatur abzugleiten. Weniger bekannt ist sein Interesse an der Pornografie, das zu Bilderzyklen wie den Hurengesprächen führte.
Heinrich Zille starb am 9. August 1929 in Berlin. Während zahlreiche seiner Weggefährten von der nationalsozialistischen Kulturpolitik diffamiert und verboten wurden, bediente man sich Zilles künstlerischem Nachlass auf andere Weise: Zahlreiche Bilder erhielten einfach eine neue, der nationalsozialistischen Ideologie entsprechende Kommentierung, die allerdings nichts mit der ursprünglichen Absicht des Künstlers zu tun hatte.
Heinrich Zille - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: