Josef Scharl - Sterbender Schächer - image-1

Lot 211 D

Josef Scharl - Sterbender Schächer

Auktion 1178 - Übersicht Köln
18.06.2021, 11:01 - Moderne/Zeitgenössische Kunst - Day Sale
Schätzpreis: 25.000 € - 35.000 €
Ergebnis: 30.000 € (inkl. Aufgeld)

Josef Scharl

Sterbender Schächer
1929

Öl auf Leinwand 48,4 x 65 cm Gerahmt. Unten links rot signiert und datiert 'Jos. Scharl 1929.' sowie auf dem rückseitigen Etikett betitelt 'Sterbender Schächer' und mit der Adresse versehen. - Mit leichten oberflächlichen Verschmutzungen.

Josef Scharls Bildnisse sind Ausdruck eines tiefen Interesses am Menschen. Sie demonstrieren sein besonderes Einfühlungsvermögen und sein feines Gespür für die Psychologie des Dargestellten, dessen Schicksal und Wesen.
Im Rahmen seiner Bildnismalerei beschäftigt sich der Künstler meist mit Modellen aus seiner Familie und seinem engerem Freundeskreis oder anonymen Portraits individueller Typen. Unsere Darstellung des gefesselten Schächers lässt sich im weiteren Sinne der zweiten Gruppe zuordnen und ist mit seiner christlichen Konnotation doch ein besonderes Werk. Als solches erscheint es weniger als Ergebnis einer Befragung der Ikonographie christlicher Heilsgeschichte, denn als (sozial-)kritische Betrachtung menschlicher Existenz im Angesicht von Leid, Elend und Tod. Mit seinem radikalen, unverstellten Blick schließt Scharl so an Zeitgenossen wie Otto Dix oder George Grosz an - der breite, dynamische Pinselstrich weckt Assoziationen an Vincent van Gogh.
Für seine intensiven Studien des Menschen reduziert Scharl die Darstellung auf das Wesentliche, er benötigt „keinen aufwendigen genrehaften Hintergrund oder sonstige Attribute. Ihm gelingt dies mit äußerst sparsamen Mitteln wie der Kleidung und wenigen Accessoires oder lediglich der Komposition und Perspektive. Im Einklang damit sprechen vor allem die Gesichter: In ihren Augen und Falten, in der Oberfläche und Farbgebung des Inkarnats, in der Haltung des Kopfes liegt das Wesen des Menschen offen dar. Sie bergen seine Vergangenheit und stellen die bange Frage nach seiner Zukunft.“ (Andrea Firmenich, Menschenbilder - Zur Ikonographie Josef Scharls, in: Josef Scharl. Monographie und Werkverzeichnis, hrsg. v. Andrea Firmenich, Köln 1999, S. 39 f.).

Werkverzeichnis

Lukas 135 ("Der Gefangene")

Provenienz

Langjähriger Familienbesitz, Süddeutschland

Ausstellung

München 1929 (Deutscher Künstlerverband "Die Juryfreien"), Kollektivausstellung Josef Scharl, Kat. Nr. 29