Lot 56 Dα

Während eigenständige Stillleben im Frühwerk von Lovis Corinth seltener vorkommen, treten sie seit dem Ende der 1900er Jahre häufiger und variantenreicher auf. Konzentriert sich Corinth in diesen späteren Jahren immer mehr auf üppige Blumenstillleben, zeigen sich seine früheren Kompositionen vielfach als komplexe Auseinandersetzungen mit den Küchen-, Frühstücks- und Früchtestillleben der holländischen und flämischen nature morte-Darstellungen des 17. Jahrhunderts. Meist auf weißem Tischtuch arrangiert der Maler hier exotische Früchte, Fleisch oder luxuriöse Meeresfrüchte wie Austern oder Hummer. Nicht zuletzt aufgrund ihrer gedeckten Palette ist diesen Stillleben mitunter ein unverkennbar altmeisterliches Moment eingeschrieben.

Vor diesem Hintergrund versteht sich der deutlich nahsichtigere Bildausschnitt sowie der lebendige Pinselstrich, mit dem Lovis Corinth das vorliegende Werk auf die Leinwand bringt, nicht bloß als Antizipation eines entfesselten Spätwerks.
Das mit breitem Pinselstrich akzentuierte Tischtuch, der in leuchtendem Blau gemalte Teller und der lose angedeutete Vorhang im Hintergrund bilden Corinth die Bühne für ein Stillleben von höchster malerischer Souveränität. Obschon im kleinen Margeritenstrauß noch ein zarter Moment unprätentiöser Natürlichkeit verkörpert scheint, lässt sich in der opulenten Komposition mit Ananas und Granatäpfeln der Einstieg in jene theatralen Stillleben des Malers erkennen, die einen unbestrittenen Höhepunkt seiner Malerei der 1910er und 1920er Jahre bilden.