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Lot 1552 Dα

Gerrit Dou, zugeschrieben - Die Mausefalle

Auktion 1209 - Übersicht Köln
19.11.2022, 11:00 - Gemälde, Zeichnungen, Skulpturen 14.-19. Jh.
Schätzpreis: 20.000 € - 30.000 €
Ergebnis: 32.760 € (inkl. Aufgeld)

Gerrit Dou, zugeschrieben

Die Mausefalle

Öl auf Holz. 26,5 x 20,5 cm.

Bei dieser kleinen Tafel mit der Darstellung einer „Mausefalle“ handelt es sich um ein Gemälde, dessen Verbleib ab den 1920er Jahren unbekannt war. Aufgrund der kaum mehr sichtbaren Inventarnummer „508“ am rechten unteren Bildrand (Abb. 2) kann es als jenes Gemälde identifiziert werden, das sich einst als eigenhändiges Werk Gerrit Dous in einer der bedeutendsten fürstlichen Sammlungen des 18. Jahrhunderts befand, in der Sammlung Augusts des Starken, Kurfürst von Sachsen und König von Polen.
In einer steinernen Nische mit einem zur Seite gerafften roten Vorhang hält ein Mädchen eine Mausefalle in der einen und eine Kerze in der anderen Hand. Sie blickt nach rechts zu einem Jungen, der auf die Mausefalle deutet und den Betrachter anblickt. Die Kerze in der Hand des Mädchens stellt die einzige Lichtquelle im Bild dar, ihr warmer Schein beleuchtet die Szenerie mit den wenigen Gegenstände im Bild, einer Tischdecke, einem Holzbottich, einem Kerzenleuchter und einem umgefallenen Zinnkrug. Mit der feinen Nuancierung von Licht und Schatten und mit wenigen Glanzlichtern verlebendigt der Künstler die intime Szenerie. Die Mausefalle war ein beliebtes Motiv der holländischen Genremalerei des 17. Jahrhunderts; die Mausefalle selbst, das lodernde Kerzenlicht, der ausgestreckte Finger des Jungen wie auch der umgefallene Zinnkrug verweisen auf das gefährliche Spiel der (körperlichen) Liebe; das breite Grinsen, mit dem der Junge den Betrachter anblickt, lässt daran kaum Zweifel.
Das Gemälde hat eine wechselvolle Geschichte. Es wird um 1700 von Nicolaas Verkolje in einem Mezzotinto als Werk Gerrit Dous reproduziert (Abb. 1; „G. Douw Pinx. – N. Verkolje Fec.“). Es taucht dann im Inventar der Gemäldesammlung Augusts des Starken von 1722-1728 unter der Nr. 508 auf, wo es folgendermaßen gelistet ist: „Gerh. Dou / Mägdelein mit einer Mausefalle / 11-9 / du Roy / Gallerie“ (Abb. 3). Mit Du Roy ist Charles du Roy gemeint, der Antwerpener Kunsthändler, von dem August der Starke zahlreiche Werke seiner hochkarätigen Sammlung niederländischer Kunst erwarb. Der damaligen fürstlichen Sammlungspraxis entsprechend umfasste die Gemäldegalerie gleichermaßen Originale wie Kopien; entsprechend gibt es zwei Spalten im Inventar, die Originalwerke und Kopien voneinander unterscheiden (Spalten „Or.“ bzw. „Cop.“); die Mausefalle ist als ein Original Gerrit Dous aufgeführt. Das Gemälde verblieb in der Dresdener Sammlung – zunächst in der königlichen Gemäldegalerie, ab 1918 in der Gemäldegalerie Alte Meister, um 1924 im Zuge des Ausgleichs zwischen dem Freistaat Sachsen und dem Haus Wettin restituiert zu werden (Laabs, op. cit., S. 127). Danach verliert sich seine Spur, nur eine Kopie ist im vergangenen Jahr im internationalen Kunsthandel aufgetaucht (Auktion Im Kinsky, Wien, 7.7.2021, Lot 1106).
So wechselhaft wie die Provenienz des Gemäldes ist auch seine akademische Fortuna critica. Sie wird bis heute dadurch bestimmt, dass Baer 1990 das Werk Gerrit Dou abschreibt, ohne es jedoch im Original sehen zu können, da es verschollen ist (Baer, op. cit., Nr. C 88). Nachdem das Gemälde, wie dargestellt, in den Inventaren der sächsischen Kurfürsten als Original Gerrit Dous gelistet ist, wird in den Bestandskatalogen des 19. Jahrhunderts die Eigenhändigkeit angezweifelt. Dies ändert sich wiederum, nachdem das Gemälde 1901 gereinigt wird. Der Bestandskatalog der Gemäldesammlung korrigiert den Eintrag zum Werk, Gerrit Dou wird wieder ohne Einschränkungen als Autor des Werks genannt. Als ein eigenhändiges Werk Gerrit Dous erkennen auch zwei der damals führenden Kenner der niederländischen Malerei das Gemälde an: Zum einen Wilhelm Martin in seinem Gesamtwerkverzeichnis von 1913 (Martin, op. cit., Nr. 167). Martin datiert das Gemälde in die letzte Schaffensphase Gerrit Dous zwischen 1670 und 1675, was sich mit den Ergebnissen der dendrochronologischen Untersuchung deckt, wonach der Baum für die Tafel frühestens 1644, eher zwischen 1650 und 1660 gefällt worden ist. Zum anderen Cornelis Hofstede de Groot im ersten Band seines Opus Magnum, dem „Beschreibenden und kritischen Verzeichnis der Werke der hervorragendsten holländischen Maler…“ von 1907 (Hofstede de Groot, op. cit., Nr. 259). Wie dem Eintrag Hofstede de Groots zu diesem Gemälde zu entnehmen ist, und wie angesichts der Vielzahl der Werke Gerrit Dous in der Dresdener Sammlung zu erwarten, hat er die „Mausefalle“ im Original gesehen. Hofstede de Groot erwähnt auch eine Signatur auf dem Gemälde, „Voll bezeichnet in der Mitte“, die heute verschwunden ist - Sinnbild der wechselhaften Geschichte dieser kleinen Tafel.

Abb. 1 / Ill.1: Nicolaas Verkolje nach/after Gerrit Dou: Die Mausefalle / The Mousetrap, Mezzotinto © Rijksmuseum, Amsterdam.
Abb. 2 / Ill. 2 Detail des Gemäldes mit der Inventarnummer 508 von 1722 / Detail of the painting with the inventory number 508 of 1722.
Abb. 3 / Ill. 3: Auszug aus dem Inventar der Gemäldesammlung Augusts des Starken, 1722-1728 / Excerpt from the Inventory of the picture collection of August I, Elector of Saxony and King of Poland, 1722-1728 © Gemäldegalerie Alte Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden.

Zertifikat

Dendrochronologisches Gutachten, Prof. Dr. Peter Klein, Hamburg, 17.10.2021.

Provenienz

Von Friedrich August I., Kurfürst von Sachsen und König von Polen, von Charles du Roy für die kurfürstliche Sammlung erworben. – Königliche Gemäldegalerie zu Dresden. – Staatliche Gemäldesammlungen zu Dresden, 1918. - 1924 an den Familienverein Haus Wettin Albertinischer Linie e.V. übergeben. – Westdeutsche Privatsammlung.

Literaturhinweise

Johann Adam Steinhäuser: Lit. A et B. Inventaria Sr. Königl. Majestät in Pohlen und Churfürstl. Durchl. zu Sachsen große, wie auch kleine Cabinets und andere Schildereyen etc. etc., 1722-1728, Nr. 508 (sogenanntes Inv. 1722–1728; als eigenhändiges Werk). - Johann Adam Steinhäuser: Sr. Königl. Majt. in Pohlen und Churfürstl. Durchl. zu Sachßen, Schilderey-Inventaria sub lit. A. et B., 1741–1747 (sogenanntes Inventar „vor 1741“ bzw. Steinhäusers Inventar; als eigenhändiges Werk). – Catalog der königlichen Gemälde-Galerie zu Dresden, Dresden, S. 36, Nr. 276 ("Dow, angeblich"). - Karl Woermann: Katalog der königlichen Gemäldegalerie zu Dresden, Dresden 1892, S. 552, Nr. 1721 (nach Gerard Dou). - Karl Woermann: Katalog der königlichen Gemäldegalerie zu Dresden, Dresden 1902, S. 554, Nr. 1721 (als eigenhändiges, signiertes Werk). - Cornelis Hofstede de Groot: Beschreibendes und kritisches Verzeichnis der Werke der hervorragendsten holländischen Maler des XVII. Jahrhunderts, Bd. 1, Esslingen 1907, S. 424, Nr. 259 (als eigenhändiges, signiertes Werk). - Wilhelm Martin: Gerard Dou, Des Meisters Gemälde, Stuttgart/Berlin 1913, Nr. 167 (als eigenhändiges Werk). - Hans Posse: Die Gemälde-Galerie zu Dresden, Dresden 1920, S. 179, Nr. 1721 (als eigenhändiges Werk). - Ronni Baer: The Paintings of Gerrit Dou (1613-1675), Diss. New York 1990, Nr. C 88 (gelistet unter abgelehnten Werken). – Annegret Laabs: The Leiden Finjschilders from Dresden, Ausst.-Kat. Leiden/Dresden 2001, Zwolle 2001, S. 127.