Lot 2018 Dα

Das Buch der Könige (I,17) erzählt vom Propheten Elia, der sich auf Geheiß Gottes an das Ufer des Flusses Krit begibt, um dort Schutz vor Ahab zu suchen. Das Wasser des Flusses soll Elia trinken, Raben sollen ihn am Morgen und am Abend mit Brot und Fleisch versorgen.
Roleant Savery dient die alttestamentarische Erzählung als Grundlage für die Gestaltung einer Landschaft, die reich ist an Flora und Fauna, an Formen und Farben. Das Dreifarbenschema von Braun-Grün-Blau, das die Bildebenen üblicherweise voneinander trennt, wird durch die Fülle, die sich dem Auge des Betrachters bietet, nahezu aufgehoben. Im Mittelgrund, im Zentrum des Bildes, sieht man den Propheten am Ufer des Flusses sitzen, über ihm die Raben mit den Brotlaiben in ihren Schnäbeln. Die warmen Strahlen des Morgenlichts fallen von jenseits des Berges und erhellen die Stelle, an der sich der Prophet niedergelassen hat. Im Gegensatz zum hell erleuchteten Mittelgrund ist der Vordergrund in Dunkel gehüllt, hier dominieren knorrige, sich windende Baumstümpfe und Wurzeln, die bevölkert sind von allerlei Tieren – Hirschen, Stieren, Füchsen, Vögeln. Sie scheinen sich im Schatten der Bäume und Felsen vor dem Propheten zu verstecken, zugleich betrachten sie ihn aber von überall her misstrauisch und neugierig, wodurch der Blick des Betrachters immer wieder zum Propheten gelenkt wird.
Die Wiedergabe der Natur „naar het leven (nach dem Leben)“, die Fülle der Formen und Farben, die virtuose Beherrschung des Bildraumes zeichnete die Landschaftskunst Roelant Savery aus, der um 1600 einer der führenden Vertreter dieser Gattung in ganz Europa war. Saverys hohes Ansehen zeigt sich in dessen Ernennung zum Hofmaler Kaiser Rudolphs II. in Prag im Jahr 1604, kurz nach der Entstehung dieses Gemälde.