Alexej von Jawlensky - Große Variation Nr.3; Nach dem Frühlingsregen - image-1

Lot 13 R

Alexej von Jawlensky - Große Variation Nr.3; Nach dem Frühlingsregen

Auktion 972 - Übersicht Köln
03.12.2010, 00:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 180.000 € - 220.000 €
Ergebnis: 216.000 € (inkl. Aufgeld)

Öl auf leinenstrukturiertem Papier 52,6 x 35,1 cm, auf Karton 53,2 x 35,1 cm aufgezogen, gerahmt. Unten links schwarz monogrammiert A.vJ ("v" und "J" ligiert) sowie rechts datiert 1916. Rückseitig auf dem Karton mit schwarzer Tinte, wohl eigenhändig, beschriftet N.3/1916. sowie oben mit blauer Tinte handschriftlich von dem Sohn, Andreas Jawlensky, betitelt "Grosse Variationen/ No 3, 1916 St. Prex" und darunter ergänzt "Nach dem Frühlingsregen" [wellig unterstrichen]. - Rückseitig auf dem Karton mit den bedruckten Galerieaufklebern der Leonard Hutton Galleries, New York und von Marlborough Fine Art, London sowie oben links mit einem runden französischen Zollstempel versehen. - Die linke obere Kartonecke leicht gestaucht.

M.Jawlensky/Pieroni-Jawlensky/A. Jawlensky 839 mit Farbabb. S. 141

"Nach dem Frühlingsregen" ist eine der großen Fassungen aus der Reihe der "Variationen", die in den Jahren nach Jawlenskys Ausweisung aus Deutschland ab 1914 in St. Prex am Genfer See entstanden.
"Anfangs wollte ich in St. Prex", schrieb Jawlensky, "weiterarbeiten, wie ich in München gearbeitet hatte. Aber etwas in meinem Inneren erlaubte mir nicht, die farbigen, sinnlichen Bilder zu machen. Meine Seele war durch vieles Leiden anders geworden, das verlangte andere Formen und Farben zu finden [...]. Ich fing an, meine sogenannten 'Variationen über ein landschaftiches Thema' , die ich vom Fenster sah, zu malen. Und das waren ein paar Bäume, ein Weg und der Himmel. Ich fing an, etwas zu malen, um mit Farben auszudrücken, was mir die Natur soufflierte. In harter Arbeit und mit größter Spannung fand ich nach und nach die richtigen Farben und Formen, um auszudrücken, was mein geistiges Ich verlangte. Jeden Tag malte ich diese farbigen Variationen immer inspiriert von der jeweiligen Naturstimmung zusammen mit meinem Geist." (A. von Jawlensky, Lebenserinnerungen, in: Clemens Weiler,1970, S. 116)
In seiner bahnbrechenden Monographie zu Jawlensky schreibt Clemens Weiler:
"Er hatte sich die Aufgabe gestellt, mit diesen 'Variationen über ein landschaftliches Thema' [...] den Zusammenhang zwischen Natur- und Seelenstimmung darzustellen [...]. Allmählich wird das Bild immer mehr zum künstlerischen Begriff. Die Gegenstände der Natur werden zu Zeichen, die der Künstler selbst beherrscht. Sie sind nicht mehr Geschenke der Natur. [...] Die Variationen sind nicht wechselnde Stimmungen der Natur, nur übersetzt in Farbe, auch nicht lyrische Gedichte, sondern sie sind wie die Bilder in den alten Stundenbüchern Ausdruck eines immer neuen Verhältnisses zu Gott, das dem Menschen den Sinn jeder neuen Stunde erfüllt." (Clemens Weiler, Alexej Jawlensky, Köln 1959, S. 90 f.)
Je nach Stimmungs- und wahrscheinlich auch nach Wetterlage erhielten die "Variationen" auf den Ausschnitt, der sich Jawlensky bei dem Blick aus seinem Atelierfenster auf die vor dem Haus liegende Parklandschaft bot, meist einen entsprechenden Untertitel. Die angebotene ungewöhnlich großformatige "Variation" trägt den Beititel "nach dem Frühlingsregen". Hoch aufragende vegetabile Formen neigen sich einander zu, die Pflanzen scheinen vom winterlichem Dunkel befreit, in fröhlicher Farbigkeit zu keimen und einer warmen Frühlingssonne entgegen zu sprießen. Park- und Seelenlandschaft sind in Flächen reiner Farbigkeit übersetzt.

Lot 13 der Abendauktion am 3. Dez. 2010, 19 Uhr

Werkverzeichnis

839 M.Jawlensky/Pieroni-Jawlensky/A. Jawlensky mit

Zertifikat

Wir danken dem Archiv in Locarno für zusätzliche Informationen und Auskünfte.

Provenienz

Redfern Gallery, London (1956); Galerie La Motte, Genf (1962); Leonard Hutton Galleries, New York (1965); Marlborough Gallery, London (1966); Roman Norbert Ketterer, Campione d'Italia (1968, 1971); Galerie La Motte, Genf (1971); Privatbesitz Schweiz (seit 1972)

Literaturhinweise

Clemens Weiler, Alexej Jawlensky, Köpfe, Gesichte, Meditationen, Hanau 1970, Nr. 1188 ("Nr. 3 St. Prex 1916 ohne Rand, Große Variation 52/32")

Ausstellung

London 1956 (Redfern Gallery), Alexej von Jawlensky, Kat. Nr. 34; London 1959 (Redfern Gallery), Michael Ayrton, Jawlensky, Vieira da Silva, Nr. 69; London 1960 (Redfern Gallery), Alexej von Jawlensky, Nr. 7 mit Abb.; New York 1965 (Leonard Hutton Galleries), A Centennial Exhibition of Paintings by Alexej Jawlensky, Kat. Nr. 34 ("Large Variation - St. Prex - Blossoming after Spring Rain"); London 1966 (Marlborough Gallery), Kandinsky and his Friends, Nr. 61 mit Abb. S. 40; Campione d'Italia 1968 (R.N. Ketterer), Moderne Kunst V, Kat. Nr. 57 mit Farbabb S. 71; Campione d'Italia 1971 (R.N. Ketterer), Moderne Kunst VII, Kat. Nr. 55 mit Fababb. S. 109; Genf 1971, Galerie La Motte, Auktion, Nr. 194 mit Abb. S. 80