Enrico Castellani

Enrico Castellani - Aus der ländlichen Provinz zur künstlerischen Avantgarde

Enrico Castellani wurde am 4. August 1930 in der kleinen Gemeinde Castelmassa im Nordosten Italiens geboren. Für die Kunst verließ er seine beschauliche Heimat und zog nach Mailand. Nachdem er dort 1952 seinen Abschluss an der Accademia di Belle Arti di Bera gemacht hatte, machte er sich auf nach Brüssel, um Kunst und Architektur zu studieren. 1957 kehrte er schließlich nach Mailand zurück und suchte den Austausch mit den bedeutenden Vertretern der künstlerischen Avantgarde. In der Folge arbeitete Enrico Castellani mit Größen wie Vincenzo Agnetti, Agostino Bonalumi, Lucio Fontana und Piero Manzoni zusammen. Insbesondere mit Manzoni pflegte er eine enge Freundschaft. Jenseits der Landesgrenzen kam er in Kontakt mit dem französischen Maler und Performancekünstler Yves Klein; außerdem nahm er auf Einladung der deutschen Künstlergruppe ZERO in den Jahren 1957 und 1958 an den berühmten Abendausstellungen in Düsseldorf teil. Diese wurden von den ZERO-Begründern Heinz Mack, Otto Piene und Günther Uecker organisiert und zeigten ihre Ausstellungsstücke jeweils nur einen Abend lang. Genug Zeit, um auch in Italien, der Heimat Enrico Castellanis, viel Beachtung zu finden. 1958 trat Castellani der italienischen Künstlergruppe "Movimento Arte Nucleare" bei.

Wahre Kunst muss einzigartig sein

1959 wagte Enrico Castellani mit seinem guten Freund Piero Manzoni die Gründung einer eigenen Galerie, der "Galleria Azimut" in Mailand. Gleichzeitig verlegten die beiden ambitionierten Künstler ihre eigene kritische Zeitschrift, die sie "Azimuth" nannten. Zwar handelte es sich bei Galerie und Zeitschrift um eher kurzlebige Produkte, deren immanente Philosophie, die auf die Einzigartigkeit eines jeden einzelnen Kunstwerks ausgerichtet war, hatte für Enrico Castellani aber dauerhaft Bestand und begleitete und prägte ihn seine gesamte künstlerische Laufbahn hindurch. Auch wenn die "Galleria Azimut" nur bis 1963 Bestand hatte, sah sie doch die erste Einzelausstellung von Enrico Castellani, die er im Jahr 1960 durchführte. Im Jahr zuvor hatte der Künstler mit seinen berühmten "Superficie Nera" begonnen, einer Serie monochromer Bilder, die er mithilfe einer Nagelmaschine in plastische Reliefs verwandelte. Insbesondere die daraus resultierende kraftvolle Wechselwirkung von Licht und Schatten fand und beeindruckte ein großes Publikum.

Stete Weiterentwicklung und zahlreiche Ausstellungen

Seinem eigenen Credo treu bleibend vermied Enrico Castellani jede Nachahmung auch seiner eigenen Werke und entwickelte sich stetig weiter. Bald experimentierte er mit anderen Materialien, darunter Aluminium. Bisweilen sprengte er auch das gewohnte Format, 1967 entstand mit dem "Ambiente bianco" die erste raumfüllende Installation von Enrico Castellani. Das Interesse an seiner Arbeit wuchs, und der Künstler nahm an zahlreichen internationalen Ausstellungen teil. Gleich dreimal, 1964, 1966, 1984 und 2003 weilte er als Gast und Repräsentant Italiens auf der Biennale von Venedig, 1968 stellte er auf der 4. Documenta in Kassel aus. 1975 verlegte er seinen Wohnsitz nach Celleno bei Viterbo in Italien. Dort lebte und arbeitete Enrico Castellani bis zu seinem Tod am 1. Dezember 2017 – immer auf der Suche nach einer neuen Inspiration zur sorgfältigen Vermeidung jeder Nachahmung.