Werner Bischof hatte nur wenige Jahre, um zu einem der bedeutendsten Fotografen des 20. Jahrhunderts zu werden. Der Schweizer Fotojournalist nutzte diese Zeit, fing mit sicherem Auge und viel Einfühlungsvermögen die Not der Welt in meisterlichen Schwarz-Weiß-Fotografien ein.
(...) WeiterlesenWerner Bischof – Studium bei Hans Finsler, erste Veröffentlichungen
Werner Bischof wurde am 26. April 1916 in Zürich geboren. Der Sohn eines Kaufmanns musste in seiner Kindheit den frühen Tod der Mutter verkraften, eine schmerzvolle Erfahrung, die an der Sensibilität und Zartheit, die das spätere Werk des Künstlers auszeichneten, sicher einen Anteil hatte. Der Wunsch, Zeichen- und Sportlehrer zu werden, führte Werner Bischof zunächst an das Lehrerseminar Schiers, aber die zunehmende Begeisterung für die Kunst motivierte ihn schließlich zu einem Wechsel an die Zürcher Kunstgewerbeschule. Dort erlernte er das fotografische Handwerk bei Hans Finsler, einem anerkannten Pionier der Neuen Sachlichkeit, und Alfred Willimann. 1936 erhielt Bischof sein Fotografendiplom mit Auszeichnung und konnte nach dem Durchlaufen der militärischen Grundausbildung ein Studio für Werbefotografie in Zürich eröffnen. Er arbeitete für die Schweizer Landessausstellung 1939 und versuchte sich als Grafiker in Paris, ehe er 1939 wieder zum Militärdienst eingezogen wurde. Zwischen seinen Einsätzen als Soldat fotografierte er – in erster Linie Motive aus der Natur. 1942 konnte Werner Bischof seine ersten Bilder in der damals noch jungen Monatszeitschrift Du veröffentlichen.
Ein zartfühlender Blick in das Herz der Finsternis
Werner Bischof reiste unmittelbar nach dem Krieg im Herbst 1945 nach Deutschland, Frankreich und in die Niederlande und dokumentierte für die Schweizer Spende mit seiner Kamera das Elend der Menschen, das ihn tief betroffen machte. Als weniger belastend erwies sich seine Reportage von den Olympischen Winterspielen in St. Moritz, die er 1948 für die Time durchführte. Im Folgejahr erschienen seine Bilder auch in der Life und Werner Bischof trat der neu gegründeten Fotografengenossenschaft Magnum Photos bei. Immer wieder zog es ihn mit seiner Kamera an die Krisenherde der Welt: 1951 dokumentierte er die Hungersnot in dem indischen Bundesstaat Bihar, im Auftrag der Zeitschrift Paris Match arbeitete er als Kriegskorrespondent im Indochinakrieg. Immer zeigte er bei seiner Arbeit ein besonderes Zartgefühl, das alle voyeuristische Neugier abschüttelte und den vom Leid Gezeichneten ihre Würde bewahrte, dabei aber ästhetisches Gespür und ein Auge für Details nicht missen ließ. Für seine Arbeit erhielt Werner Bischof Preise und Auszeichnungen, darunter im Jahr 1955 den Prix Nadar – als erster Fotograf überhaupt.
Soziales Verantwortungsbewusstsein in lyrischem Ausdruck
Werner Bischof war trotz seines Mutes, seiner Nüchternheit und seiner Tatkraft ein feinfühliger Lyriker, der in seinem fotografischen Werk nach Spuren der Schönheit in der Welt suchte – auch wenn er diese Welt oft genug in ihren dunkelsten Facetten erforschen musste. Er selbst wollte kein Künstler sein, sondern vor allem der großen sozialen Verantwortung gerecht werden, die er als Fotojournalist empfand. Die Fotografie könne der Menschheit einen Dienst leisten, der mit anderen Mitteln nicht zu leisten sei, erklärte er – aber all seinen Beteuerungen zum Trotz ist ihm in seinem dokumentarisch-mahnenden fotografischen Werk nach einhelliger Meinung der Kritik doch eine hohe Kunst gelungen, die bis heute nachhallt. Die Schweizer Kulturjournalistin Daniele Muscionico bescheinigte ihm das Auge eines Lyrikers und das Bewusstsein eines Politikers.
Werner Bischof starb am 16. Mai 1954 in Trujillo in Peru, als sein Geländewagen in den Anden einen Abhang hinabstürzte.
Werner Bischof - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: