Tony Cragg kann nicht die Zeit anhalten, auch wenn seine Skulpturen mitunter diesen Eindruck erwecken. Der englische Bildhauer versteht es meisterhaft, mit seinen Plastiken eine knisternde Dynamik einzufangen, die dem Betrachter die Illusion einer organischen Bewegung vermittelt. Dabei pflegt der Künstler eine eigenwillige Materialwahl, die ihn von vielen Kollegen unterscheidet.
(...) WeiterlesenTony Cragg - Über die Naturwissenschaft zur bildenden Kunst
Tony Cragg wurde am 9. April 1949 als Anthony Douglas Cragg in Liverpool geboren. Als Sohn eines in der Luftfahrtindustrie tätigen Elektroingenieurs wurde er zunächst von Wissenschaft und Technik geprägt und strebte eine Karriere als Naturwissenschaftler an. Zeitweise arbeitete er als Assistent in einem biochemischen Labor, erkannte aber bald, dass diese Tätigkeit nicht seiner Berufung entsprach und widmete sich in seiner Freizeit immer stärker der bildenden Kunst. Zunächst entstanden einfache Zeichnungen und Gummiskulpturen, dann folgten erste Experimente mit Assemblagen. Schließlich verwarf Tony Cragg seine ursprünglichen Berufsabsichten und begann ein Kunststudium, das ihn vom Gloucestershire College of Art and Design in Cheltenham nach London an die Wimbledon School of Art führte, wo Roger Ackling und Jim Rogers ihn unterrichteten. Während seines Studiums verlagerte Tony Crag sein künstlerisches Interesse immer stärker vom Malerischen zum Plastischen. Folgerichtig wechselte er 1973 an das Royal College of Art in London, um dort Skulptur zu studieren.
Individuelle Materialwahl als Alleinstellungsmerkmal
Tony Cragg ließ sich im Anschluss an sein Studium in Wuppertal nieder und setzte sich intensiv mit künstlerischen Strömungen von Arte Povera, Land Art und Minimal Art auseinander. Insbesondere die Bekanntschaft mit dem britischen Konzeptkünstler Richard Long übte prägenden Einfluss auf die frühe Entwicklung Tony Craggs aus. Die Materialien für seine Arbeiten fand der Künstler sowohl in der freien Natur als auch auf den Mülldeponien der Stadt. Das Zusammentreffen von »Zivilisationsmüll« und natürlichen Ressourcen war für Tony Cragg in dieser Phase programmatisch. In den 1980er-Jahren konnte Cragg seine Werke auf den großen Ausstellungen der internationalen Kunstwelt präsentieren: Er war Teilnehmer der documenta 7 und 8 in Kassel, der Biennalen in Venedig, São Paolo und Sydney. Seine anfängliche Faszination für die Installationskunst wich bald der Fokussierung auf die Schöpfung einzelner Objekte aus beständigem Material wie Holz, Metall und besonders häufig Fiberglas. Gerade die bevorzugte Verwendung Glasfaser, Kevlar und Kunststoff entwickelte sich zu einem auffallenden Alleinstellungsmerkmal Tony Craggs.
International gefeierter Meister der »New British Sculpture«
Tony Cragg ließ in seinem Werk immer wieder seine naturwissenschaftlichen Wurzeln aufscheinen, verschmolz die nichtgegenständliche abstrakte Kunst mit einer mitunter figurativ anmutenden biomorphen Formsprache. Mit seinem unverwechselbaren Stil aus explosiver Dynamik und organischer Struktur wurde Tony Cragg zu einem der führenden Vertreter der »New British Sculpture«. Die immer wieder durchklingenden Anspielungen auf den menschlichen Körper können dabei oft nur von Kennern der Materie erkannt werden. Im August 2013 wurde in Tony Craggs Wahlheimatstadt Wuppertal sein erstes Denkmal enthüllt: gewidmet dem Nobelpreisträger Gerhard Domagk, dem Erfinder des ersten Antibiotikums. Ebenfalls in Wuppertal gründete Cragg den Skulpturenpark Waldfrieden, in dem bis heute durch die Cragg Foundation ein privates Museum betrieben wird, das neben Tony Craggs Skulpturen auch die Schöpfungen anderer bedeutender Künstler wie Markus Lüpertz, Thomas Schütte, Richard Deacon und anderen gezeigt werden. Für seine Kunst erhielt Tony Cragg Preise und Auszeichnungen in großer Zahl, darunter der britische Turner Prize (1988), der französische Ordre des Arts des Lettres, der japanische Praemium Imperiale (2007) und das deutsche Bundesverdienstkreuz (2012).
Tony Cragg lebt und arbeitet in Wuppertal.
Skulpturenpark Waldfrieden in Wuppertal
2008 eröffnet der Skulpturenpark Waldfrieden. Tony Cragg erwirbt 2006 einen 14 Hektar großen, verwilderten Park und eine Denkmalgeschützte Villa. 2 Jahre lang widmet er sich dem Projekt. Die Anlage wird als privates Museum von der 2005 gegründeten Stiftung Cragg Foundation geführt. Im Park sind sowohl Craggs Werke als auch Skulpturen anderer Künstler zu sehen, unter anderem Henry Moore und Thomas Schütte. 2012 wird der Park um weitere 5 Hektar erweitert. Auf dem Gelände befinden sich insgesamt 3 Ausstellungshallen.
Eine Auswahl der Auszeichnungen und Preise Tony Craggs:
- 1988: Turner Prize
- 1989: Wuppertal - Von der Heydt-Kulturpreis
- 1992: Chevalier des Arts et des Lettres
- 2001: Alfred Toepfer Stiftung F.V.S.: Shakespeare-Preis
- 2007: Praemium Imperiale
- 2012: Bundesverdienstkreuz 1. Klasse
- 2017: Düsseldorf - Preis für bildende Künste
Tony Cragg - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: