Lajos Kassák

Lajos Kassák wurde am 21. März 1887 in Érsekújvár, damals Teil der Monarchie Österreich-Ungarn, heute Nové-Zámky in der Slowakei, geboren. Er stammte aus einfachen Verhältnissen, der Vater war Apothekergehilfe, die Mutter Wäscherin; seine jüngere Schwester Erzsébet Kassak (1899–1940) fing unter dem Einfluss ihres Bruders später ebenfalls zu schreiben an, nannte sich Erzsi Újvári und heiratete den Dichter Sándor Barta (1897–1938). Die Eltern wünschten sich für den Sohn eine höhere Ausbildung, doch Lajos Kassák entschied sich stattdessen für die Lehre in einer Schlosserei. Nach vierjähriger Lehrzeit zog er nach Budapest, wo er Arbeit in einer Fabrik fand und sich an der Organisation von Streiks und Protesten beteiligte. Dieses politische Engagement und sein Eintritt in die Ungarische Sozialdemokratische Partei führte schließlich zu seiner Entlassung. Lajos Kassák begab sich auf Wanderschaft, wurde aus Belgien und Deutschland ausgewiesen und gelangte schließlich als illegaler Einwanderer zu Fuß nach Paris.

Lajos Kassák blieb nur drei Jahre in der französischen Hauptstadt, lernte aber in dieser Zeit die Künstler Guillaume Apollinaire (1880–1918), Blaise Cendrars (1887–1961), Robert Delaunay (1885–1941) und Pablo Picasso (1881–1973) kennen. Die Erfahrungen auf seiner Reise bildeten später die Grundlage für seine Autobiografie. 1910 wurde Lajos Kassák auch aus Paris ausgewiesen und kam wieder nach Ungarn, wo er sich weiter die Veröffentlichung seiner Schriften bemühte. Er besaß keine formale Ausbildung und eignete sich seine künstlerischen Fertigkeiten vollkommen als Autodidakt an, zehrte aber von seinem Drang, die Gesellschaft zu verändern. 1915 gab er gemeinsam mit Emil Szittya (1886–1964) die Avantgardezeitschrift A Tett (»Die Tat«) heraus, die aber schon bald aufgrund ihrer pazifistischen und antimilitaristischen Tendenz verboten wurde. In der Folge gab er 1916 die ebenfalls avantgardistisch ausgerichtete Literatur- und Kunstzeitschrift Ma (»Heute«) heraus, die sich mit Dadaismus, Expressionismus, Futurismus, Konstruktivismus und Kubismus beschäftigte. Zu ihren Beiträgern zählten zeitgenössische Künstler wie Alexander Archipenko (1887–1964), Hans Arp (1886–1966), Jean Cocteau (1889–1963), El Lissitzky (1890–1941), Oskar Schlemmer (1888–1943), Kurt Schwitters (1887–1948) und Tristan Tzara (1896–1963).

Lajos Kassák emigrierte nach dem Untergang der Ungarischen Räterepublik, mit deren Führer Béla Kun (1886–1938) er sich öffentlich auseinandergesetzt hatte, nach Wien, wo er mit László Moholy-Nagy (1895–1946) das Buch neuer Künstler herausgab. In dieser Zeit entstanden konstruktivistische Arbeiten, die Kassák bei Herwarth Walden (1878–1941) in dessen Galerie Der Sturm in Berlin ausstellte. 1926 kehrte er nach Ungarn zurück, wo er weiterhin unabhängige linke Avantgarde-Zeitschriften publizierte. Seine Äußerungen über die Ungarische Räterepublik im Rahmen seiner in Fortsetzungen veröffentlichten Autobiografie führte zu strafrechtlicher Verfolgung; seine Zeitschrift Kortárs wurde verboten. Nach dem Aufstieg der Kommunisten übernahm er zunächst die Leitung der Kunstkommission der Sozialdemokratischen Partei; nachdem er 1953 aber Kritik an der Kulturpolitik geübt hatte, wurde er aus der Partei ausgeschlossen und mit einem Publikationsverbot belegt. Für den Rest seines Lebens war es ihm untersagt, zu reisen, auszustellen und zu publizieren, was ihn aber nicht daran hinderte, einen beträchtlichen Einfluss auf viele Künstler im In- und Ausland zu entfalten.

Lajos Kassák starb am 22. Juli 1967 in Budapest.