Richard Scheibe

Richard Scheibe wurde am 19. April 1879 in Chemnitz geboren. Während sein älterer Bruder Albert Scheibe (1877–1945) in die Fußstapfen des Vaters, eines sächsischen Offiziers, trat und es bis zum Fregattenkapitän der Vorläufigen Reichsmarine brachte, entschied sich Richard Scheibe nach dem Abitur für ein Studium der Malerei. Er besuchte von 1896 bis 1899 die Kunstakademien in Dresden und München und unternahm wie viele Künstler eine Studienreise nach Italien, wo er den jungen Bildhauer und Medailleur Georg Kolbe (1877–1947) kennenlernte, in dem er einen lebenslangen wichtigen Freund fand. Die Freundschaft mit Kolbe bestärkte Richard Scheibe in der Hinwendung zur Bildhauerei, die ab 1907 erfolgte und die Malerei aus seinem künstlerischen Schaffen völlig verdrängte; vom malerischen Frühwerk ist nichts erhalten geblieben. Der Umzug nach Berlin führte zum Kontakt mit Walter Gropius (1883–1969), Gerhard Marcks (1889–1981) und Max Pechstein (1881–1955), wobei Scheibe jenseits dieses künstlerischen Austausches sehr zurückgezogen lebte.

Richard Scheibe eignete sich die Bildhauerei weitgehend als Autodidakt an und widmete sich zunächst vor allem der Tierplastik. Der menschliche Akt, für den er bis heute berühmt ist, wurde erst später zum Mittelpunkt seines Schaffens. Dabei ging es ihm um den Ausdruck des Körpers selbst, den er meist statisch darstellte; auf die Ausführung von Bewegung und Dynamik verzichtete der Künstler beim Großteil seiner Skulpturen. Neben seinem Freund Kolbe boten die französischen Meister Aristide Maillol (1861–1944) und Auguste Rodin (1840–1917) wichtige Bezugspunkte. 1914 wurde er in die Berliner Secession aufgenommen, an deren Ausstellungen er sich rege beteiligte. Wie das malerische Frühwerk sind allerdings auch die vor dem Ersten Weltkrieg entstandenen Plastiken zu einem großen Teil verloren gegangen. Richard Scheibes Oeuvre umfasste zudem stilisierte Gewandfiguren, Beachtliches leistete er außerdem auf dem Gebiet der Architekturplastik und der Porträtbüste; 1918 schuf er ein Bildnis des Malers Karl Schmidt-Rottluff (1884–1976).

Richard Scheibe gestaltete 1924 auf Anregung des Architekten Peter Behrens (1868–1940) ein Ehrenmal für die im Krieg gefallenen Mitarbeiter der IG Farben. 1925 erhielt er eine Professur an der Städelschule in Frankfurt, die er infolge der Machtergreifung der Nationalsozialisten und einer Verleumdungskampagne 1933 wieder verlor, bereits 1934 kam es jedoch zur Rehabilitation; Adolf Hitler persönlich erwarb 1938 die Plastik Denker, Joseph Goebbels erwarb eine Zeichnung und eine Plastik des Künstlers und 1944 erfolgte die Aufnahme auf die Gottbegnadeten-Liste, die Scheibe von allen Kriegseinsätzen befreite. Für sein bildhauerisches Werk erhielt Richard Scheibe Preise und Auszeichnungen, darunter 1952 den Kunstpreis der Stadt Berlin und 1953 das Große Bundesverdienstkreuz. Der Nachlass des Künstlers befindet sich seit 1984 im Besitz des Museums, das nach seinem engsten Freund benannt ist: Das Georg-Kolbe-Museum würdigte Richard Scheibe 2004 aus Anlass seines 40. Todestages und 125. Geburtstages mit einer großen Ausstellung.

Richard Scheibe starb am 6. Oktober 1964 in Berlin.