Dorothy Iannone

Dorothy Iannone – Literaturstudium und erste Malversuche

Dorothy Iannone, geboren 1933 in Boston, Massachusetts, verlor ihren Vater bereits im Alter von zwei Jahren und wurde von ihrer Mutter großgezogen. Zunächst studierte sie von 1953 bis 1957 an der Boston University amerikanische Literatur und erwarb in diesem Fach ihren Bachelor of Arts. 1958 belegte sie noch einen weiteren Studiengang für englische Literatur an der Brandeis University in Waltham, Massachusetts. Im selben Jahr heiratete Dorothy Iannone den Maler James Upham und zog mit ihm nach New York. Als Autodidaktin eignete sie sich die Grundlagen der Malerei an und arbeitete als bildende Künstlerin mehrere Jahre lang mit ihrem Ehemann zusammen. Zwischen 1963 und 1967 leiteten die Eheleute die Stryke Gallery in New York, in der sie auch selbst mehrfach ihre eigenen Werke ausstellten. Während sich Dorothy Iannone zu Beginn ihrer künstlerischen Laufbahn vor allem an einer ungegenständlichen Malweise versuchte, mit der sie sich am abstrakten Expressionismus orientierte, fand sie rasch zu einer gegenständlichen Darstellung, bei der erotische Themen im Mittelpunkt standen.

Dieter Roth wurde zur männlichen Muse

Dorothy Iannone unternahm mit ihrem Ehemann in den 1960er Jahren mehrere Reisen nach Europa und Asien. Während eines Aufenthalts in der isländischen Hauptstadt Reykjavik lernte sie den Schweizer Dichter und Aktionskünstler Dieter Roth kennen, begann eine Liebesbeziehung mit ihm und ließ sich von ihrem Mann scheiden. Als direkte Folge dieser Entwicklung veröffentlichte sie ein pikantes literarisches Kunstprojekt: ein Buch, in dem sie alle Männer aufzählte, mit denen sie intim geworden war. Literarische Provokationen waren für Dorothy Iannone zu diesem Zeitpunkt nichts Neues: Bereits 1961 hatte sie gegen das Verbot der erotischen Romane von Henry Miller geklagt und erreicht, dass dieses aufgehoben wurde. Dieter Roth wurde für das künstlerische Schaffen von Dorothy Iannone ein wichtiger Ausgangs- und Bezugspunkt; sie schuf mehrere Bilder, auf denen sie ihre Beziehung in teils explizit sexueller Darstellung thematisierte. Als die Kunsthalle Bern 1970 das provokante Werk Dorothy Iannones grundsätzlich zeigen wollte, die deutlich zu sehenden Genitalien aber mit Klebeband verdeckt werden sollten, sagten Iannone und Roth aus Protest ihre Teilnahme ab und der verantwortliche Kurator Harald Szeemann erklärte seinen Rücktritt.

Wiederkehrende Konflikte mit der Zensur

Dorothy Iannone und Dieter Roth schlossen sich der Fluxus-Bewegung um Emmett Williams, Daniel Spoerri und Robert Filliou an, allerdings distanzierte sich Iannone später wieder deutlich von dieser Strömung und suchte eigene Wege. Aufgrund der expliziten erotischen Natur ihrer Werke geriet die Künstlerin immer wieder in Konflikt der Zensur, ließ sich davon aber nicht von ihren Auffassungen und künstlerischen Prinzipien abbringen. Ihre Bilder ergänzte sie häufig durch Video-Installationen mit erotischen Szenen. 1976 ermöglichte ihr ein DAAD-Stipendium den Aufenthalt in Berlin, wo sie seither lebt. Obwohl sich Iannone feministisch-emanzipatorische Dogmen nie zu eigen macht, gilt sie mit ihrem Streben nach sexueller Befreiung und Stärkung der individuellen weiblichen Identität als wichtige Vertreterin der feministischen Kunst.

Dorothy Iannone lebt und arbeitet in Berlin.