Piero Manzoni

Piero Manzoni - Aus traditionellen Wurzeln zur Avantgarde

Piero Manzoni wurde am 13. Juli 1933 in Soncino, Cremona als Conte Meroni Manzoni di Chiosca e Poggiolo geboren. Obwohl der Name selbst schon ein Kunstwerk war, entschied sich der junge Graf Meroni Manzoni von Chiosca und Poggiolo zunächst für ein nüchternes Jurastudium in Mailand an der Accademia di Brera. Doch schon bald merkte Manzoni, der bereits als 17-Jähriger erste Malversuche unternommen hatte, dass seine Berufung an anderer Stelle lag, brach das Studium ab und begann 1954 ein Philosophie- und Kunststudium in Rom. Entstanden in diesen frühen Jahren der kurzen Karriere Piero Manzonis noch vorwiegend traditionelle Porträts und Landschaftsbilder, war es vor allem der Einfluss von Künstlern des Informel wie Jean Fautrier, Lucio Fontana und Alberto Burri, der ihm eine neue Richtung aufzeigte. Schnell erkannte der junge Mann, dass ihm die traditionelle Sprache der Kunst nicht genügte; Piero Manzoni fühlte sich zum Aufbruch gedrängt, strebte nach Grenzüberschreitungen und zu neuen Gestaden. Auf der Suche nach Gleichgesinnten unterzeichnete er 1956 und 1957 die Manifeste »Zur Entdeckung der Bildzone«, »Gegen den Stil« und »Zu einer organischen Malerei«. Außerdem beteiligte er sich vorübergehend an der »Gruppo Nucleare«.

Erste Einzelausstellungen, eigenwillige Kunstaktionen

Piero Manzoni experimentierte in viele Richtungen; nach dem Besuch einer Ausstellung von Yves Klein entstanden 1957 die Anachrome, unbemalte Leinwände, denen der Künstler durch den Auftrag von Gips Struktur verlieh. Im selben Jahr bekam Piero Manzoni auch seine ersten Einzelausstellungen in Como und Mailand. Zwei Jahre später eröffnete er mit dem Maler und Reliefkünstler Enrico Castellani die gemeinsame Galerie »Azimuth«. Unter gleichem Namen publizierten die beiden Konzeptkünstler eine Zeitschrift, mit der sie Kunst und Poesie zu verbinden suchten. Diese neue Entwicklung führte zur Abkehr von der »Gruppo Nucleare«; Anfang der 1960er-Jahre unternahm Piero Manzoni Reisen nach Belgien, Deutschland, Jugoslawien und die Niederlande. In Dänemark schuf der Künstler eine 7200 Meter lange Linie, die er nach ihrer Fertigstellung verpackte und jedem weiteren Zugriff entzog. Für seine Aktion »Consumazione dell'arte« signierte Piero Manzoni 150 gekochte Hühnereier mit seinem Daumenabdruck und bot sie seinem Publikum zum Verzehr an.

Kunst als Provokation: 90 Dosen mit einzigartiger Füllung

Das spektakulärste und umstrittenste Projekt von Piero Manzoni war Merda d'artista, das wörtlich übersetzt »Künstlerscheiße« bedeutet: Für diese Aktion füllte der Künstler 90 Dosen mit je 30 Gramm seines eigenen Kots, »natürlich erhalten«, und verkaufte diesen zum damals aktuellen Goldpreis von rund 37 US-Dollar. Das Werk spaltete die Kritiker und sorgte für gewaltiges Aufsehen, eine einzige dieser Dosen wurde im Jahr 2008 für über 100.000 Euro versteigert. Auslöser für die eigenwillige Kunstaktion soll der Vater des Künstlers gewesen sein, ein bodenständiger Dosenfabrikant, der die Arbeit seines Sohnes einmal harsch als »Scheiße« bezeichnet habe.

Piero Manzoni starb am 6. Februar 1963 in seinem Mailänder Atelier an einem Herzinfarkt. Er wurde nicht einmal 30 Jahre alt. Postum wurden seine Arbeiten 1968 auf der 4. documenta in Kassel sowie 1972 auf der Biennale von Venedig präsentiert.