Jimmy Nelson

Jimmy Nelson - Eine Kindheit voller Reisen, erste Erfolge mit Bildern aus Tibet

Jimmy Nelson, geboren 1967 im beschaulichen Sevenoaks in der englischen Grafschaft Kent, verbrachte seine Kindheit nicht in der traditionellen ländlichen Umgebung seiner Heimat, sondern in Afrika, Asien und Südamerika. Dort kam er schon früh mit fremden Kulturen in Berührung – ein Umstand, den er seinem Vater verdankte, der als Geologe für den Shell-Konzern die Welt bereiste. Jimmy Nelson interessierte sich allerdings nicht für Mineralöl und Erdgas, sondern für Menschen. Im Alter von sieben Jahren kam er auf das Jesuiteninternat Stonyhurst College in Lancashire. Als 16-Jähriger litt Nelson unter krankhaftem Haarausfall infolge von Stress und einer medikamentösen Malaria-Behandlung. Die Freude am Reisen verleidete ihm diese Erfahrung nicht: Kurz nach seiner Genesung verließ Jimmy Nelson die Schule und unternahm einen zweijährigen Fußmarsch durch Tibet. Im Gepäck hatte er eine kleine Kamera, mit der er seine Eindrücke festhielt. Die Bilder aus dem zu dieser Zeit schwer zugänglichen Land trafen nach seiner Rückkehr auf reges Interesse und erschienen in der Zeitschrift National Geographic.

Die indigenen Kulturen der Welt in hochglanzpolierter Werbeästhetik

Jimmy Nelson hatte mit diesem frühen Erfolg seine Bestimmung gefunden: In den folgenden Jahren unternahm er zahlreiche Reisen, die ihn unter anderem nach Afghanistan, Somalia und das frühere Jugoslawien führten. Als er 24 Jahre alt war, hatte er schon einen großen Teil der Welt bereist und in vielbeachteten Bildern festgehalten. Wie sein Vater trat er in die Dienste des Shell-Konzerns und schuf ein großangelegtes Fotobuch über China, das er zu diesem Zweck rund 30 Monate erkundete. 1997 wandte sich Jimmy Nelson der Werbefotografie zu, behielt sein grundsätzliches Interesse an der Darstellung indigener Völker und Stammeskulturen aber bei. Die Verschmelzung der bewusst idealisierten Werbeästhetik mit den ethnischen Motiven führte zu prachtvollen Bildern, die ein großes Publikum begeisterten, aber auch Kritiker auf den Plan riefen. Zu wunderbar, zu perfekt muteten die Darstellungen von Jimmy Nelson an – und der Künstler räumte freimütig ein, seine Modelle mitunter bewusst arrangiert zu haben, um den gewünschten Eindruck zu erzielen.

Schöner als die Wirklichkeit: Die Menschheit als Märchen

Jimmy Nelson wünscht sich ein Lagerfeuer, an dem die Völker der Welt Platz nehmen und Verständnis füreinander entwickeln. Zu diesem Zweck möchte er vor allem den wenig bekannten und beachteten indigenen Kulturen ein Denkmal setzen. Nicht alle Porträtierten sind mit dieser Art der Darstellung gleichermaßen einverstanden: Oft entspricht das Bild nicht mehr der Wirklichkeit, sondern einem Ideal des Künstlers. Jimmy Nelson nimmt diese Diskrepanz in Kauf, weil er glaubt, nur so ein genügendes Maß an Aufmerksamkeit für seine Ziele erreichen zu können. Er ist als Künstler Träumer, Romantiker – und auch ein wenig Illusionist. Bei seinem Publikum verfängt diese Strategie, und selbst Skeptiker müssen zugeben, dass die Bilderwelten Jimmy Nelsons eine kaum zu ignorierende Anziehungskraft besitzen. Sein vielleicht berühmtestes Projekt, das Buch Before They Pass Away, das von dem niederländischen Milliardär Marcel Boekhoorn finanziert wurde, soll nach dem Willen des Künstlers auch verfilmt werden. Natürlich in märchenhaften Bildern, ungestört von den mitunter drückenden Schatten der Wirklichkeit.