Richard Ziegler gehörte zu den Künstlern der »verlorenen Generation«, deren Werk durch die Diffamierung der Nationalsozialisten verdrängt und vergessen wurde. Längst hat man den deutschen Meister der Neuen Sachlichkeit aber wiederentdeckt und stellt ihn nun in eine Reihe mit Größen wie Otto Dix, George Grosz und Karl Hubbuch.
(...) WeiterlesenRichard Ziegler - Studienaufenthalt in England, Studium der Philologie
Richard Ziegler wurde am 3. Mai 1891 in Pforzheim als zweiter Sohn eines Volksschullehrers geboren. Sein älterer Bruder Georg starb im Alter von 10 Jahren; von seinen Großvätern, die als Kupferschmied und Leineweber arbeiteten, lernte er früh die Geduld mit dem Handwerk und der Natur. Nachdem er das Abitur am Pforzheimer Reuchlin-Gymnasium abgelegt hatte, ging er für ein Jahr nach England, wo er in Stratford-upon-Avon die Shakespeare Grammar School besuchte und sich perfekte Kenntnisse der englischen Sprache aneignete – eine Eigenschaft, die sich bei seiner späteren Emigration aus dem nationalsozialistisch beherrschten Deutschland als äußerst nützlich erweisen sollte. Zunächst war an eine Künstlerlaufbahn nicht zu denken, stattdessen studierte Ziegler Philologie in Heidelberg, Genf und Greifswald. Erst mit dem erfolgreichen Abschluss seines Studiums, bei dem er sich vorwiegend mit der Gedankenwelt der alt- und mittelhochdeutschen Sprache beschäftigt hatte, erhielt er von seiner Familie die Erlaubnis, sich der Bildenden Kunst zuzuwenden. Es entstand ein Zyklus von Radierungen zu dem mystischen Werk Das fließende Licht der Gottheit Mechthilds von Magdeburg.
Erste Erfolge als Künstler, Reisen nach Italien
Die 1920er-Jahre brachten für Richard Ziegler rasch erste Erfolge, damit den ersehnten Zugang zur Kunstszene und reiche Anregung; die Förderung durch seinen Bewunderer, Cousin und lebenslangen guten Freund Erwin Weber ermöglichte ihm mehrere Reisen nach Italien, dem großen Sehnsuchtsort der deutschen Künstler. Hier fand Ziegler, der sich gänzlich als Autodidakt zum Künstler gebildet hatte, endgültig zu seinem eigenen Stil, was zahlreiche Zeichnungen und Pastelle bezeugen. Ab 1925 lebte er als freier Künstler in Berlin, schuf Ölgemälde, Holzschnitte und Buchillustrationen. Im selben Jahr beteiligte sich Richard Ziegler auf Vermittlung des rumänischen Impressionisten Arthur Segal an den Ausstellungen der Novembergruppe und heiratete die Malerin Mathilde Rosenthal, eine Verwandte des deutsch-jüdischen Künstlers Max Liebermann; die Ehe wurde aber bereits 1928 wieder geschieden. Zum bestimmenden Motiv dieser Zeit wurden die Menschen der Großstadt, Ziegler näherte sich dabei immer stärker der Neuen Sachlichkeit an. Seine Bilder waren selten politisch, viel mehr interessierten ihn die Frauen. Als 1933 eine geplante Ausstellung seiner Wachsdrucke in der Berliner Kunstbibliothek aufgrund der Entlassung des jüdischen Direktors Curt Glaser nicht stattfinden konnte, emigrierte er mit seiner jüdischen Verlobten Edith Lendt kurzerhand nach Jugoslawien.
Scharfer Protest gegen den Nationalsozialismus
Richard Ziegler machte aus seiner Abneigung gegen die braunen Machthaber in seiner Heimat keinen Hehl, zeichnete im Exil bissige Karikaturen und veröffentlichte drei antifaschistische Zeichenmappen. 1937 ging er nach England, wo er 1940 als »feindlicher Ausländer« interniert wurde. Nach seiner Entlassung zeichnete und malte Richard Ziegler, der sich viel lieber mit Motiven der antiken Mythen und den starken Frauengestalten der Bibel beschäftigt hätte, mit ungebrochener Entschlossenheit gegen den Nationalsozialismus an. Das Buch We Make History, das kritische Porträts führender Nazis und erschütternde Zeugnisse ihrer Opfer enthielt, veröffentlichte er unter dem Pseudonym Robert Ziller, um seine in Deutschland gebliebenen Verwandten nicht zu gefährden. Mit seiner neuen Lebensgefährtin Susan Snow verließ Richard Ziegler England, das ihm nie wirklich zur Heimat geworden war, und ging nach Spanien, wo auf Mallorca ein expressiv geprägtes Alterswerk entstand. Erst im hohen Alter kehrte der nunmehr pflegebedürftige Richard Ziegler wieder in seine Heimat Deutschland zurück.
Richard Ziegler starb am 23. Februar 1992 in seiner Geburts- und Heimatstadt Pforzheim, wenige Wochen vor seinem 101. Geburtstag.
Richard Ziegler - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden:
Zylindrische Satsuma-Vase. Osaka. Um 1900
Schlanke Satsuma-Vase. Osaka. Um 1900