Ella Bergmann-Michel

Ella Bergmann-Michel wurde am 20. Oktober 1895 als Ella Bergmann in Paderborn geboren. Die Tochter eines Drogisten besuchte ab 1914 die Großherzoglich-Sächsische Kunstschule Weimar, die zu dieser Zeit stark von den neuen Ideen des belgischen Architekten Henry van der Velde (1863–1957) geprägt war. In der Zeichenklasse von Walther Klemm (1883–1957) lernte Ella Bergmann den Künstler und vormaligen Testpiloten Robert Michel (1897–1983) kennen, den sie 1919 heiratete. Anhaltende Auseinandersetzungen mit dem akademischen Lehrkörper über die richtige Kunstauffassung führten schließlich zum vorzeitigen Abschied des jungen Künstlerpaars. Ella Bergmann-Michel arbeitete zunächst mit ihrem Ehemann als selbstständige Künstlerin in ihrem Atelier, wo Collagen, Holzschnitte und Zeichnungen entstanden. Sie schrieb sich aber auch für ein Semester im Bauhaus ein und entwickelte im regen Austausch mit den Weimarer Künstlern um Johannes Molzahn (1892–1965) und Kurt Schwitters (1887–1948) neue künstlerische Ansätze.

Ella Bergmann-Michel arbeitete nur kurze Zeit am Bauhaus, wo Walter Gropius (1883–1969) einige ihrer Collagen ausstellte, dann fühlte sie sich auch hier eingeengt und verließ mit ihrem Mann und dem ersten gemeinsamen Kind, dem späteren Grafiker Hans Michel (1920–1996), Weimar endgültig, um sich auf der »Schmelzmühle« in Vockenhausen im Taunus niederzulassen. Hier fand das Paar die Unabhängigkeit und Freiheit, die sie für ihre künstlerische Verwirklichung benötigte, hier kam am 24. Januar 1921 auch die Tochter Ella (»Putzi«) zur Welt. Die Schmelzmühle entwickelte sich zu einem vielbesuchten Künstlertreffpunkt, der neben dem lebenslangen Freund der Michels, Kurt Schwitters, auch Willi Baumeister (1889–1955), Jan Tschichold (1902–1974), László Moholy-Nagy (1895–1946), Asja Lācis (1891–1979), Joris Ivens (1898–1989) und Dsiga Wertow (1896–1954) anzog. Die abgeschiedene und naturnahe Umgebung ermöglichte die Entwicklung neuer Ideen und Ansätze und brachte für Ella Bergmann-Michel die Hinwendung vom Dadaismus zum Konstruktivismus.

Ella Bergmann-Michel leistete wie ihr Ehemann Robert Michel Wegweisendes auf dem Gebiet der Bildcollage, betätigte sich aber nicht nur als Malerin, sondern mit großem Erfolg auch als Fotografin und Filmemacherin. Ihre Fotografie wird dem Neuen Sehen zugeordnet. Für das von Ernst May (1886–1970) verantwortete Stadtplanungsprogramm »Neues Frankfurt« gründete sie die Künstlergruppe »Das Neue Frankfurt«, die befreundete Fotografin Ilse Bing (1899–1998) vermittelte Ella Bergmann-Michel die Zusammenarbeit mit dem niederländischen Architekten Mart Stam (1899–1986) für einen Dokumentarfilm über ein von Stam und Ferdinand Kramer (1898–1985) erbautes Altersheim. Bei fünf Dokumentarfilmen übernahm Ella Bergmann-Michel gleichzeitig Kamera, Buch, Produktion, Schnitt und Regie. Nachdem sie 1932 bei einer filmischen Dokumentation über die nationalsozialistische Propaganda verhaftet worden war, stellte sie das Filmen ein und arbeitete als Werbegrafikerin für Firmen wie Reemtsma und Continental. Nach 1945 war sie nur noch als Malerin und Grafikerin tätig.

Ella Bergmann-Michel starb am 8. August 1971 in Vockenhausen bei Frankfurt am Main.