Willy Ronis überlebte die tödlichen Schrecken zweier Weltkriege und wandte sich danach umso intensiver dem neu erwachenden Leben der Nachkriegszeit zu. Im Mittelpunkt seines Schaffens stand folgerichtig der Mensch, und er zählt neben Henri Cartier-Bresson, Robert Doisneau und Sabine Weiss zu den bedeutendsten Künstlern des in Frankreich entstandenen fotografischen Humanismus.
(...) WeiterlesenWilly Ronis - Die Fotografenkarriere begann unfreiwillig
Willy Ronis wurde am 14. August 1910 in Paris geboren. Die Fotografie spielte früh eine wichtige Rolle in seinem Leben, denn der Vater, ein jüdischer Einwanderer, betrieb am Pariser Boulevard Voltaire ein kleines Fotogeschäft. Obwohl der kleine Willy die muffige Enge des Ladens so wenig mochte wie des Vaters eintönige Fotografien, erhielt er dort das Rüstzeug für seine spätere Karriere als Fotograf. Hier begann auch seine Liebe zu den kleinen Leuten, zu den Armen und Elenden, die in den schmutzigen, dunklen Gassen des Montmartre lebten. Zunächst strebte Willy Ronis keine Karriere als Fotograf an – seine Liebe galt der Musik, und er wollte Komponist werden. Darin folgte Ronis seiner Mutter, die als Klavierlehrerin arbeitete; er selbst lernte allerdings das Geigenspiel. Die Krebserkrankung des Vaters machte die Pläne des jungen Mannes zunichte, der sich jetzt selbst um das familieneigene Geschäft zu kümmern hatte, um dieses vor der Pleite zu bewahren. So kam Willy Ronis endgültig zur Fotografie.
Kompromisslose Suche nach Authentizität
Willy Ronis war fest entschlossen, einen anderen fotografischen Ansatz zu verfolgen als sein Vater, der sich auf konventionelle Porträts für zahlende Kunden beschränkt hatte. Er orientierte sich an Vorbildern wie Ansel Adams und Alfred Stieglitz und experimentierte mit seiner Kamera auf der Suche nach eigenen Ausdrucksmöglichkeiten. Nach dem Tod des Vaters verkaufte er das ungeliebte Geschäft und machte sich als Fotograf selbstständig. Von Anfang an interessierte sich Willy Ronis nicht für das Spektakuläre und Glamouröse, sondern für das Alltägliche, das Authentische, das er niemals inszenierte, sondern mit Geduld, Flexibilität und Scharfsichtigkeit seiner unmittelbaren Umgebung abzuringen versuchte. Sein Freund und Kollege Doisneau bescheinigte ihm ehrfurchtsvoll, immer den richtigen Augenblick für seine Bilder getroffen zu haben. Dabei ging Ronis keine Kompromisse ein: Die renommierte Fotoagentur Rapho, der er seit 1946 angehörte, verließ er schließlich im Streit, weil man andere Legenden unter seine Bilder druckte als von ihm vorgegeben. Diese konsequente Haltung trug ihm den Spitznamen »Willy, der Unerbittliche« ein.
Ikonische Bilder einzigartiger Augenblicke
Willy Ronis hatte aufgrund seiner geradlinigen Haltung, die sich auch auf seine politische Einstellung erstreckte – er war bis zur Niederschlagung des Prager Frühlings Mitglied der Parti communiste français (PCF) – immer wieder mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. An diesen scheiterte auch seine Ehe mit der Malerin Marie-Anne Lansiaux. Der gemeinsame Adoptivsohn Vincent starb später bei einem Unfall mit einem Hängegleiter. Trotzdem er zeitweise völlig aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit entschwunden war, ging Ronis mit vielen Bildern in das kollektive Gedächtnis ein, darunter ikonische Werke wie Le nu provençal, das seine Frau bei der Morgenwäsche zeigt, Le petit Parisien, den kleinen Pariser Jungen mit seinem Baguette oder Les amoureux de Bastille, das zärtliche Liebespaar vor der unverkennbaren Silhouette von Paris mit Eiffelturm und Notre Dame.
Willy Ronis starb am 12. September in seiner Geburts- und Heimatstadt Paris. In seinem Nachlass fanden sich 95.000 Fotonegative.
Willy Ronis - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: