Robert Michel

Ein Flugzeugabsturz brachte Robert Michel zur Kunst

Robert Michel wurde am 27. Februar 1897 in Vockenhausen geboren. Als Sohn einer alteingesessenen Fabrikantenfamilie wuchs er in begüterten Verhältnissen auf. Der Wunsch, Maschinenbauingenieur zu werden, führte ihn über das Institut Garnier nach Darmstadt, wo er mit dem Flugpionier August Euler in Kontakt kam. Die noch in ihren Kinderschuhen steckende Fliegerei begeisterte den jungen Robert Michel so sehr, dass er als Volontär in der Gothaer Waggonfabrik und in der Flugzeugwerft Hannover arbeitete. Mit Beginn des Ersten Weltkriegs meldete er sich freiwillig für die Luftwaffe, legte 1915 an der Herzog Carl Eduard Herren-Fliegerschule sein Pilotenexamen ab und diente als Versuchspilot, bis es 1917 zu einem folgenschweren Absturz kam, den er nur mit schweren Verletzungen überlebte. Die lange Phase der Genesung brachte für Robert Michel die Hinwendung zur Kunst. Er schrieb sich an der Hochschule für Bildende Künste in Weimar ein und besuchte die Zeichenklasse von Walther Klemm, dessen Lehrmethoden ihm aber bald zuwiderliefen. Seine Unangepasstheit und ausgelebte Neigung zur Avantgarde führten schließlich zu seiner zwangsweisen Exmatrikulation.

Atelier in Weimar, Heirat mit Ella Bergmann-Michel

Robert Michel unterhielt in der Folge zeitweise ein eigenes Atelier in Weimar, beschäftigte sich mit dem Werk von Robert Delaunay und zeigte großes Interesse an Kubismus und Futurismus. Mit seinen ersten Collagen erregte er die Aufmerksamkeit von Walter Gropius, der ihn für sein neugegründetes Bauhaus gewinnen wollte, was Michel jedoch ablehnte, weil er sich nicht an einen akademischen Betrieb binden wollte. In seiner ehemaligen Kommilitonin Ella Bergmann fand er eine gleichgesinnte Mitstreiterin, die er im Oktober 1919 heiratete. Das Paar zog mit dem neugeborenen Sohn Hans in eine alte Farbenmühle nahe Vockenhausen und richtete sich dort Ateliers ein. Bereits im selben Jahr konnte Robert Michel an Ausstellungen in Hannover, Leipzig und Köln teilnehmen. 1921 kam es zum ersten Treffen mit Kurt Schwitters, der dem Ehepaar Michel ein Leben lang verbunden blieb. Mitte der 1920er-Jahre beteiligte sich Michel an dem Projekt Neues Frankfurt von Ernst May und gestaltete für Verkaufsläden Leuchtreklamen.

Treibende Kraft der Avantgarde, verfemt durch das NS-Regime

Robert Michel entwickelte sich in der Zeit zwischen den Kriegen zu einer wichtigen Größe der deutschen Avantgarde. Zu seinem Freundeskreis zählten neben Kurt Schwitters noch Jan Tschichold, László Moholy-Nagy und Willi Baumeister. Mit seiner Frau und einigen Kollegen gründete er den ring neuer werbegestalter, auch erlaubte ihm sein technisches Verständnis, zeitweilig als Architekt zu arbeiten. Während seine Kunst selbst in den USA begeistert rezipiert wurde, erteilte ihm 1933 die Reichskulturkammer in Deutschland ein Ausstellungsverbot und veranlasste die Auflösung seines Künstlerbüros. Michel zog sich von der Kunst zurück, verdiente seinen Lebensunterhalt als Forellenzüchter und begann erst 1954 wieder als Grafiker zu arbeiten. In den 1960er-Jahren stellte er mehrmals gemeinsam mit seiner Frau Ella Bergmann-Michel aus; nach deren Tod im Jahr 1971 zog er zu seiner Tochter Ella in den Schwarzwald.

Robert Michel starb am 11. Juni 1983 in Titisee-Neustadt. Sein Sohn Hans Michel wurde ein berühmter Grafiker und Plakatkünstler.