Gregor von Bochmann porträtierte mit großem Realismus den Alltag der einfachen Leute in seiner Heimat Estland und der Fischer an der holländischen Küste. Der deutsch-baltische Maler wurde von seinen Zeitgenossen hochgeschätzt, seine Bilder waren gesucht und weit verbreitet. Sie zeigten das Echte, nicht das Schöne und faszinieren bis heute durch ihre herbe Lebendigkeit.
(...) WeiterlesenGregor von Bochmann - Prägende Kindheitsjahre in Estland
Gregor von Bochmann wurde am 1. Juni 1850 auf dem Gut Nehat in Estland geboren. Als er fünf Jahre alt war, verlor er seine Mutter. Trotzdem brachte die Kindheit des Malers viele glückliche und prägende Momente mit sich: Besonders unvergesslich waren die ausgedehnten Fahrten über Land, auf denen er seinen Vater, einen Forstrevidenten, begleiten durfte. Jakob Alexander von Bochmann war für seine Verdienste im Krimkrieg von Zar Nikolaus I. geadelt worden und hatte das Forsthaus Teibel bei Hapsal erhalten. Die Eindrücke, die der etwa acht- bis neunjährige Gregor von Bochmann bei diesen Ausflügen sammelte und in einem Zeichenheft festhielt, sind bis heute erhalten. Der Umzug der Familie in die estnische Hauptstadt Reval (heute Tallinn) führte zum Besuch des Nicolai-Gymnasiums, an dem der Maler Theodor Albert Sprengel als Zeichenlehrer arbeitete. Sprengel setzte sich dafür ein, dass der begabte junge Mann nicht auf die Kunstakademie in St. Petersburg geschickt wurde, sondern – wie er selbst – an der Düsseldorfer Akademie studieren sollte.
Studium bei Achenbach und Flamm
Gregor von Bochmann konnte sich im Alter von 18 Jahren mit Hilfe eines Stipendiums die Übersiedlung nach Deutschland leisten und studierte in Düsseldorf zunächst in der Elementarklasse von Andreas Mueller. Gregor von Bochmanns ausgezeichneten Leistungen sorgten dafür, dass der gefeierte Landschaftsmaler Oswald Achenbach ihn noch während der vorbereitenden Ausbildung als Schüler aufnahm. Nachdem Achenbach 1870 in den Ruhestand gegangen war und Albert Flamm die Landschaftsklasse übernommen hatte, beschloss Gregor von Bochmann, die Akademie zu verlassen. Er richtete sich ein eigenes Atelier ein, unternahm mehrere Studienreisen nach Belgien, Holland und Estland und heiratete 1877 die Tochter des Industriellen Julius Poensgen. Gregor von Bochmann galt als angesehener Künstler, dessen Werk auf zahlreichen Gemeinschafts- und Einzelausstellungen in ganz Deutschland zu sehen war. In seinen letzten Lebensjahren hatte der Künstler mit großen Widrigkeiten zu kämpfen: Erster Weltkrieg und Wirtschaftskrise sorgten für finanzielle Engpässe, sein Sohn, der Bildhauer Gregor von Bochmann der Jüngere, fiel im Krieg, die Schwiegertochter starb an einem Gehirntumor und die Enkelkinder lebten jetzt bei den Großeltern. In dieser Zeit malte der Künstler vor allem kleinformatige Bilder, die seine Frau gegen Lebensmittel eintauschte.
Meisterliches Malen nach der Natur
Gregor von Bochmann bewies als Maler eine so große Selbstständigkeit, dass schon in seinem Frühwerk kaum Einflüsse seiner Lehrer Achenbach und Flamm oder auch von Malerfreunden wie Hans Peter Feddersen, Carl Seibels, Robert Meyerheim oder Theodor Hagen zu entdecken waren. Der Künstler orientierte sich mit Vorliebe unmittelbar an der Natur, die er als »beste Lehrerin« bezeichnete. Insbesondere seine Kindheitsheimat Estland bot ihm eine Vielzahl von Motiven, die er als Gemälde im Stil eines altmeisterlichen Realismus ausführte. Im Kontrast dazu stehen seine in hellen Farben und mit lässigem Strich gehaltene Skizzen. Ein großes Augenmerk schenkte der Künstler der Handhabung von Licht und Schatten, auf die er sich virtuos und einzigartig verstand. Der begabte Maler, Aquarellist und Zeichner beherrschte auch ganz meisterlich die Kunst des Scherenschnitts, mitunter fertigte er diese zum Vergnügen seiner Enkel ohne genaues Hinsehen in atemberaubender Geschwindigkeit unter dem Tisch an.
Gregor von Bochmann starb am 12. Februar 1930 in Hösel bei Düsseldorf.
Gregor von Bochmann - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: