Jean Dubuffet fegte wie ein Hunnensturm über die Kunstwelt hinweg, verwarf akademische Ordnung und überkommene Gepflogenheit, ließ ganze Horden grobschlächtiger Gestalten auf ein entzückt wie brüskiertes Publikum los und machte Geisteskranke und Außenseiter zu den Helden seines Werks.
(...) WeiterlesenJean Dubuffet – Ein vermögender Weinhändler provoziert die Pariser Kunstszene
Jean Dubuffet wurde am 31. Juli 1901 in Le Havre geboren. Als Sohn eines angesehenen und vermögenden Weinhändlers wuchs er in großbürgerlichen Verhältnissen auf und durfte sich einer umfassenden Ausbildung erfreuen. Seine künstlerischen Interessen wurden früh gefördert; er besuchte Zeichenkurse an der École des Beaux-Arts in Le Havre und studierte nach dem Abitur an der Académie Julian in Paris Literatur, Musik und Sprache. Während dieser Zeit lernte Jean Dubuffet den Schriftsteller, Maler und Dichter Max Jacob kennen. Seine ersten künstlerischen Gehversuche fanden ihn im Kreis der Pariser Surrealisten, doch ließ er das Malen bald sein und folgte stattdessen dem von seiner Familie vorgezeichneten Weg als Weinhändler. Erst 1942 kam Jean Dubuffet wieder zur Kunst, schuf eine Reihe von naiven Gemälden, die 1944 in seiner ersten Einzelausstellung in der Pariser Galerie René Drouin gezeigt wurden. Zwar sorgten seine als primitiv empfunden Bilder in der Nachkriegszeit zunächst für einen Skandal, verschafften ihm aber bald internationale Bekanntheit und führten bereits 1947 zu einer Ausstellung in der New Yorker Galerie Pierre Matisse.
Wahnsinn und Isolation als Säulen künstlerischer Schöpfung
Jean Dubuffet hatte sein Studium nach sechs Monaten vorzeitig abgebrochen, weil er mit den akademischen Gepflogenheiten nicht zurechtkam. Zu seinen frühen Vorbildern gehörten die Graffiti-Künstler, deren Werke er auf den Fotografien von Brassaï bewunderte. Als außerordentlich prägend erwies sich für Jean Dubuffet die Lektüre des Buches Die Bildnerei der Geisteskranken aus der Feder von Hans Prinzhorn, das ihm der Schweizer Kunstkritiker Paul Budry vermittelt hatte. Auf dieser Grundlage entwickelte er sein Konzept von der Art brut, einer dezidiert antiintellektuellen Kunst, deren Bildsprache sich aus den Vorstellungswelten von Kindern und Minderbemittelten speiste. Er schuf nicht nur selbst Bilder in diesem Stil, sondern sammelte auch die Werke von Geisteskranken und gesellschaftlichen Außenseitern und trug eine umfassende Sammlung zusammen, die heute in Lausanne Teil der Collection del l'Art Brut ist.
Jean Dubuffet verachtete und veränderte die moderne Kunstwelt
Jean Dubuffet erwarb sich einen Großteil seines beträchtlichen Einflusses auf die Kunstgeschichte auch mit seinem schriftstellerischen Engagement. Die Schriftsteller George Limbour und Raymond Queneau zählten schon seit Schülertagen zu seinen engen Freunden. Er prägte Künstler wie Jean-Michael Basquiat, Keith Haring und David Hockney. Das Gesamtwerk des vielseitigen Künstlers ist dabei keineswegs auf die Malerei beschränkt, sondern umfasst auch Musik, Theater, Tanz und Skulptur. Erst nach seinem Tod gelangten seine musikalischen Experimente, für die er mit dem dänischen Künstler Asger Jorn zusammengearbeitet hatte, an die Öffentlichkeit. Schon 1972 hatte Jean Dubeffet mit dem Coucou Bazar ein Gesamtkunstwerk aus allen ihn interessierenden Gattungen geschaffen, das nur dreimal aufgeführt wurde; die letzte Inszenierung wurde filmisch dokumentiert. Dreimal nahm Dubuffet an der Documenta in Kassel teil.
Jean Dubuffet starb am 12. Mai 1985 in Paris.
Jean Dubuffet - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: