Wilhelm von Gloeden - Studium der Kunstgeschichte und Malerei, Übersiedlung nach Sizilien
Nach eigener Aussage wurde Wilhelm von Gloeden am 18. September 1856 als Sohn eines Barons und Offiziers auf Schloss Volkshagen bei Wismar geboren. In der Forschung werden diese Angaben allerdings bezweifelt, da sich weder für den Titel eines Barons noch für die Existenz des Schlosses historische Belege finden lassen. Unzweifelhaft ist jedoch die adelige Abkunft aus dem Geschlecht von Gloeden, allerdings war nur der Großvater Offizier, während der Vater als Förster in Volkshagen dokumentiert ist. Hermann von Gloeden starb allerdings bereits 1862, und zwei Jahre später musste sich der kleine Wilhelm von Gloeden mit seinem zeitlebens ungeliebten Stiefvater Wilhelm Joachim von Hammerstein abfinden. Ein enges Verhältnis pflegte er indes zu seiner Halbschwester Sophie Rabe, die der ersten Ehe seiner Mutter entstammte. Sie begleitete ihn später auch viele Jahre bei seinen Reisen durch Sizilien. Wilhelm von Gloeden begeisterte sich früh für das Theater und studierte Malerei sowie Kunstgeschichte. Bereits 1876 zwang ihn ein schweres Lungenleiden dazu, nach Sizilien überzusiedeln; in Taormina fand er für den Rest seines Lebens eine Heimat.
Freundschaft mit Otto Geleng, Knabenakte in Arkadien
Für den homosexuellen Wilhelm von Gloeden war das kleine Städtchen an der Ostküste Siziliens ein Paradies, konnte er hier doch seine Neigungen relativ offen leben und in seiner Arbeit verwirklichen. Maßgeblichen Anteil daran hatte die Freundschaft mit dem Bürgermeister von Taormina, bei dem es sich um den deutschen Landsmann und Maler Otto Geleng handelte. Auch der gewisse Wohlstand, den Wilhelm von Gloeden mitbrachte, dürfte erheblich zu seiner Akzeptanz bei den vorwiegend in ärmlichen Verhältnissen lebenden Bürgern Taorminas beigetragen haben. 1880 begann er mit seinen Knabenakten, die ihn schnell zu einer lokalen Berühmtheit machten. Betrieb Wilhelm von Gloeden die Fotografie anfangs lediglich als Liebhaberei, war er aufgrund der Hammerstein-Affäre, die seinen Stiefvater ins Zuchthaus und seine Familie um das Vermögen brachte, dazu gezwungen, aus seinem Zeitvertreib einen Geldverdienst zu machen. Er intensivierte also seine fotografischen Bemühungen, arrangierte die nackten Buben in einer Kulisse, die an das antike Arkadien erinnern sollte und ging sogar als erster Fotograf überhaupt dazu über, mit einer speziellen Schminke etwaige Makel auf der Haut seiner Modelle zu retuschieren. Auf diese Weise verwandelte er die hart arbeitenden Bauernjungen in Abbilder seiner erotischen Fantasien.
Großer Ruhm und prominente Bewunderer
Die besondere Motivwahl Wilhelm von Gloedens brachte ihm schon zu Lebzeiten große Popularität, nicht unerheblichen Wohlstand und eine Erwähnung im Baedeker ein, außerdem lockte sie so illustre Persönlichkeiten wie Friedrich Alfred Krupp, Richard Strauss, Oscar Wilde und sogar den deutschen Kaiser Wilhelm II. nach Taormina. Der Erste Weltkrieg zwang Wilhelm von Gloeden vorübergehend zurück nach Deutschland, erst 1918 konnte er sich wieder auf Sizilien niederlassen, fotografierte ab dieser Zeit aber nur noch selten. Wilhelm von Gloeden starb am 16. Februar 1931 in Taormina. Bereits 1949 verfasste der französische Skandal-Autor Roger Peyrefitte eine romanhafte Biografie über den Künstler, die er ausdrücklich nur den »Wollüstigen und Künstlern« widmete. Ansonsten geriet das Werk Wilhelm von Gloedens zeitweilig in Vergessenheit, ehe es die sexuelle Revolution der 1960er mit großem Entzücken und unter dem Protest der Jugendämter wiederentdeckte. Heute befindet sich ein Großteil der Fotografien in privater Sammlerhand.
Wilhelm von Gloeden - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: