Josef Sudek

Josef Sudek - Eine Kriegsverletzung machte aus dem Hobby die Berufung

Josef Sudek wurde am 17. März 1896 in Kolín, damals noch Teil der Monarchie Österreich-Ungarn, geboren. Schon im Alter von drei Jahren verlor er seinen Vater, einen Anstreicher. Zu einer Zeit, in der eine Karriere als Fotograf alles andere als selbstverständlich war, absolvierte Josef Sudek zunächst eine Buchbinderlehre in Prag, während er mit einer Ica seine ersten fotografischen Gehversuche im überschaubaren Format von 6 x 9 Zentimetern unternahm; ein kundiger Arbeitskollege vermittelte ihm dabei die wichtigsten Grundlagen. 1913 bekam Sudek eine Anstellung bei einem Buchbinder in Nymburk und kaufte sich ein besseres Modell, mit dem er größere und detailreichere Bilder aufnehmen konnte. 1915 wurde er zum Militär eingezogen; bei den Kämpfen in Italien erlitt er schwere Verletzungen und verlor seinen rechten Arm. In der Folge sah sich Josef Sudek zu einem dreijährigen Aufenthalt in einem Veteranenhospital gezwungen. In dieser Zeit der quälenden Untätigkeit beschäftigte er sich vermehrt mit der Fotografie und fasste schließlich den Entschluss, sie zu seinem zentralen Tätigkeitsfeld zu machen.

Große Erfolge als fotografischer Chronist seiner Wahlheimatstadt Prag

Josef Sudek kehrte nach Prag zurück, versuchte sich erfolglos als Händler und befreundete sich schließlich mit dem gebildeten jungen Fotografen Jaromir Funke, der sich intensiv mit der Ästhetik des Fotografierens auseinandersetzte und Sudek mit seinen fortschrittlichen Ansichten und Theorien vertraut machte. Sudeks Invalidenrente erlaubte ihm die Beschäftigung mit der Fotografie, ohne sich dabei Sorgen um sein Auskommen machen zu müssen. Eine Fotografie des Veitsdoms trug Josef Sudek viel Beifall ein und begründete seinen Ruf als bildmächtiger Chronist der Stadt Prag. Auf unzähligen Streifzügen durch die Straßen und Gassen fand der Fotokünstler, der sein Leben lang nur Plattenkameras verwendete, die Motive, die sein gesamtes Schaffen durchzogen und beherrschten. Dabei blieb seine fotografische Entwicklung ebenso in Bewegung wie er selbst; Sudek zeigte lebhaftes Interesse an den unterschiedlichen stilistischen Strömungen der Fotografie und strebte selbst nach einem ästhetisch anspruchsvollen künstlerischen Ausdruck. Wichtig war ihm ein großes Format, das ihm die gewünschte Detailfülle bot und die Anfertigung von Vergrößerungen überflüssig machte.

Für große Fotokunst genügte im Zweifel ein Fenster zum Garten

Josef Sudek heiratete nie und lebte immer scheu und zurückgezogen, er eröffnete keine seiner Ausstellungen persönlich und zog es meist vor, seine Motive ohne Menschen aufzunehmen; auch wirkten seine Bilder in ihrer diffusen Ausleuchtung oft wie Szenen aus einem Traum oder Eindrücke aus einem nebelverhangenen Tag. Die Besetzung Prags durch Hitlers Truppen setzten seinen einsamen Spaziergängen mit der Kamera ein jähes Ende; Sudek fand sich plötzlich als Gefangener in seinem eigenen Atelier wieder. Der erfindungsreiche Fotokünstler entdeckte kurzerhand sein Fenster als künstlerisches Sujet, fotografierte Tag um Tag hinaus und schuf eine ganze Serie an Ausblicken auf seinen Garten. Die so entstandenen Bilder wurden weltberühmt und Josef Sudek setzte sie darum auch fort, als Prag längst wieder frei war und ihm alle Wege offenstanden.

Josef Sudek starb 15. September 1976 in Prag.