Rupprecht Geiger malte am liebsten Rot. Rot war das große Thema seiner Kunst, Rot und die vielen anderen Farben, die den deutschen Maler und Bildhauer so begeisterten, dass er für nichts anderes mehr Augen hatte und sein Leben lang darum rang, ihnen eine eigene künstlerische Stimme zu geben.
(...) WeiterlesenRupprecht Geiger - Erst Architekturstudium, dann Kriegsmaler
Rupprecht Geiger wurde am 26. Januar 1908 in München geboren. Der Sohn des expressionistischen Kunstmalers und Franz-Stuck-Schülers Willi Geiger bereiste mit seinem Vater schon als 15-Jähriger für ein Jahr Spanien und Marokko; dabei beeindruckte ihn der dort vorherrschende Hang zu intensiven Farben sehr. Rupprecht Geiger begann, selbst zu zeichnen und zu malen, studierte aber zunächst Architektur bei Eduard Pfeiffer an der Königlichen Kunstgewerbeschule. 1935 erwarb er sein Examen, konnte damit aber nur wenig anfangen, weil die nationalsozialistischen Machthaber, die seinen Vater für »entartet« erklärt hatten, ihn als Soldat an die Ostfront zwangen. Um die Schrecken des Krieges zu bewältigen, malte Rupprecht Geiger den endlosen Himmel über Russland, unter dem sich die Menschen winzig klein verloren. Besonderen Eindruck machten auf den jungen Mann die langen, intensiven Sonnenuntergänge über der russischen Steppe, die ihn mit ihren vielen Rottönen bis ins hohe Alter beschäftigten und sich als der sprichwörtliche »rote« Faden durch sein Werk zogen. 1943 kam er als Kriegsmaler in die Ukraine und 1944 nach Griechenland, wo er sich an Eitempera-Gemälden versuchte; trotz seines malenden Vaters hatte sich Geiger den Großteil seiner Kenntnisse als Autodidakt beigebracht.
Rot als alles beherrschende Schicksalsfarbe
Rupprecht Geiger arbeitete nach dem Krieg zunächst als freier Architekt, verlor die Malerei aber nicht mehr aus den Augen. 1949 war er einer von sieben Künstlern, die sich im Bemühen um ein neues Kunstverständnis im Deutschland der Nachkriegszeit zu der Gruppe ZEN 49 zusammenschlossen. Ein Care-Paket, in dem Geiger einen Lippenstift fand, mit dem er eine Linie aus leuchtendem Rot in eines seiner abstrakten Gemälde zeichnete, brachte ihn endgültig zu seiner bevorzugten Farbe. Rot sei für ihn Leben, Energie, Liebe, Kraft und Wärme, erklärte der Künstler, der noch vor den berühmten amerikanischen Avantgardisten um Frank Stella auf die Nutzung einer rechteckigen Leinwand verzichtete und damit auch internationale Maßstäbe setzte. Im Lauf seiner Karriere beschränkte er sich zunehmend auf die Urformen Rechteck und Kreis, die er mit leuchtenden Farben und starken Kontrasten ausfüllte.
Ein Künstler mit Herzblut ohne Allüren
Rupprecht Geiger scherte sich nicht um die aktuellen Entwicklungen auf dem Kunstmarkt, er stand Tag für Tag in seinem Atelier und malte, wie er es für richtig hielt, auch wenn es den Erwartungen des zeitgenössischen Publikums zuwiderlief. Das führte dazu, dass er bisweilen nicht so im Mittelpunkt stand, wie seine Bewunderer sich das wünschten, wenn es auch immer wieder verdiente Ehrungen gab: Für seine Kunst erhielt Rupprecht Geiger Preise und Auszeichnungen, darunter der Salomon-Guggenheim-Preis und das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland. Von 1965 bis 1976 lehrte er als Professor für Malerei an der Düsseldorfer Kunstakademie, viermal nahm er an der Documenta in Kassel teil, 2002 vertrat er Deutschland auf der 25. Biennale in Sao Paolo.
Rupprecht Geiger starb am 6. Dezember 2009 in seiner Geburts- und Heimatstadt München. Er wurde 101 Jahre alt. Sein früheres Atelier beherbergt heute das Archiv Geiger, das sein künstlerisches Vermächtnis pflegt und öffentliche Führungen veranstaltet.
Rupprecht Geiger - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: