Martin Kippenberger hielt entweder eine Zigarette in der Hand oder einen Pinsel, manchmal auch beides. Zu bremsen war der Künstler nie, der immer malte, arrangierte, formte oder fotografierte. Mal jagte er die Ideen, mal jagten sie ihn – und wenn er ausnahmsweise keine hatte, dann flüchtete er sich in Gesellschaft, redete, scherzte, trank, tat alles, damit er nur nicht zur Ruhe kommen musste.
(...) WeiterlesenMartin Kippenberger - Ein Lebenslauf mit Ecken und Kanten
Martin Kippenberger wurde am 25. Februar 1953 in Dortmund geboren. Er hatte vier Schwestern, zwei jüngere und zwei ältere, darunter die Journalistin Susanne Kippenberger. Der Vater leitete eine Zeche, die Mutter arbeitete als Dermatologin. Martin Kippenberger brach 1968 die Schule ab und versuchte sich als Dekorateur, die begonnene Lehre scheiterte allerdings ebenfalls vorzeitig an seinem Drogenkonsum. Von 1972 bis 1976 besuchte Kippenberger in Hamburg die Hochschule für bildende Künste, wo Franz Erhard Walther, Rudolf Hausner und Claus Böhmler seine Lehrer waren. Im Anschluss ging es nach Florenz, das ihn zu der Bilderserie Uno di voi, un tedesco in Firenze inspirierte. Die Bekanntschaft mit Markus und Albert Oehlen sowie Werner Büttner bewegten ihn schließlich zur Rückkehr nach Berlin, wo er zusammen mit Gisela Capitain das Ausstellungsprojekt Kippenbergers Büro gründete.
Ordnung musste bei Martin Kippenberger nicht sein
Wenn Martin Kippenberger auf geordnete Verhältnisse und klare Strukturen traf, dann machte er sich mit großer Freude daran, diese nach Kräften durcheinanderzubringen. Die saubere, aufgeräumte Kunst vieler berühmter Kollegen wie Jeff Koons oder Donald Judd war ihm suspekt, er bevorzugte die kreative Unordnung, ließ Kritiker und Publikum auch gerne ins Leere laufen. Seine Werke spiegelten diese Einstellung wider: Als »Neuer Wilder« setzte er zu einem großen Teil auf Spott, Provokation und Ironie. Mitunter betrieb Martin Kippenberger dafür einen beträchtlichen Aufwand: Mit dem Metro-Net entstanden zahlreiche künstliche U-Bahn-Eingänge, bestehend aus Treppen, Lüftungsschächten und abgespielten Fahrgeräuschen. Das Projekt wurde auch nach Kippenbergers Tod fortgesetzt – eine nicht unumstrittene Entscheidung, die von einigen Kritikern als Verfälschung interpretiert wird. Martin Kippenbergers Werk Zuerst die Füße, die Skulptur eines gekreuzigten Frosches, provozierte den Politiker Franz Prahl zu einem Hungerstreik und brachte dem Künstler gar eine Rüge von Papst Benedikt XVI. ein – Martin Kippenberger bestand aber darauf, dass es sich dabei ironische Selbstreflektion ohne religiösen Bezug gehandelt habe.
Ein einsamer Künstler, der nicht allein sein wollte
Martin Kippenberger brauchte und fürchtete die Einsamkeit gleichermaßen. Im Atelier, wo er an seiner Kunst arbeitete, da wollte er allein sein, brauchte die Einsamkeit für seine Entfaltung. Aber außerhalb der inspirierten Arbeitsstunden tat er alles, um ihr zu entfliehen, organisierte sein Leben so, dass er ständig im Fluss der Gesellschaft schwamm – oft zulasten seiner Freunde und Bekannten, die er bisweilen geradezu nötigte, ihm Tag und Nacht zur Verfügung zu stehen; »Künstlerbetreuung« nannte er das. Nichts fürchtete er dabei mehr, wie nach einer durchfeierten Nacht wieder allein zu sein, in der plötzlich so lautstark dröhnenden Einsamkeit nach Hause gehen zu müssen. Erst der nächste kreative Gedanke, der zündende Funke Inspiration erlöste ihn von diesem verhassten Gefühl. Den ruhigen Sonntag empfand er als quälendes Spiegelbild seiner Persönlichkeit, dessen Anblick er kaum ertrug.
Martin Kippenberger starb am 7. März 1997 in Wien an Leberkrebs.
Martin Kippenberger - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: