August Gaul lernte schon als Kind die Bildhauerkunst
Georg August Gaul wurde am 22. Oktober 1869 in Großauheim geboren. Bereits als kleiner Junge half er seinem Vater, dem Steinmetz Philipp Gaul, in dessen Werkstatt. Dort wurden vor allem Grabsteine gefertigt, und so lernte August Gaul schon früh, mit dem Bildhauerwerkzeug umzugehen und Stein richtig zu bearbeiten. An dieser Tätigkeit fand er Gefallen, weshalb er mit 12 Jahren Unterricht im Modellieren an der Hanauer Zeichenakademie nahm. Auf Vermittlung seines Professors Max Wiese übersiedelte er 1888 nach Berlin, wo er in der Bildhauerwerkstatt von Alexander Calandrelli arbeitete und weitere Kurse am Kunstgewerbemuseum belegte. Hier modellierte Gaul vor allem Militärisches: Uniformen, Stiefel und Orden – zum Ausgleich zog es den jungen Künstler häufig in den Berliner Tiergarten, für den er eine Dauerkarte besaß, die er bei einer Verlosung gewonnen hatte. August Gauls Tage waren ausgefüllt mit Kunst: Jeden Morgen zeichnete er ab 6 Uhr drei Stunden lang Tiere im Zoo, dann trat er seine Arbeit im Atelier Calandrellis an und am Abend besuchte er die Kunstgewerbeschule. Seine wachsende Begeisterung für die Darstellung von Tieren führte schließlich zu einem Studium bei dem bekannten Tiermaler Paul Meyerheim an der Berliner Kunstakademie.
Künstlerische Neuausrichtung in Italien
August Gaul war als Meisterschüler von Reinhold Begas an der Gestaltung des Kaiser-Wilhelm-Denkmals vor dem Berliner Stadtschloss beteiligt, gemeinsam mit August Kraus fertigte er die vier Löwen an, die den Kaiser umgaben. Das Denkmal selbst ist nicht erhalten, die SED ließ es 1950 demontieren, die Löwen jedoch zieren seit 1963 das Raubtierhaus im Berliner Tierpark. Für eines seiner Reliefs erkannte die Akademie August Gaul ein Preisgeld zu, das er für eine Studienreise nach Italien verwendete. Dort traf er in Rom den Bildhauer Louis Tuaillon, der in Anlehnung an Adolf von Hildebrand mit einem neuen Ansatz der Bildhauerei bekanntmachte. Für Gaul, der im Gefolge seines Lehrers Begas einem neobarocken Historismus verhaftet gewesen war, bedeutete diese Begegnung eine folgenreiche Umorientierung und Neuausrichtung seines Stils. Seinem Schlüsselmotiv, dem Tier, blieb er allerdings treu, wählte aber für seine Darstellung einen anderen Ansatz als die üppig-pathetische Darstellung seiner früheren Lehrer und Vorbilder.
Ein scharfer Beobachter der Natur
August Gaul entwickelte bei seinen Tierdarstellungen ein untrügliches Gefühl für die angemessene Fülle der Details. Bei den Einzelheiten seiner Ausarbeitungen beschränkte er sich auf ein Minimum, ohne aber in die Abstraktion abzugleiten. Er selbst sagte über seine Kunst, es mache ihm Freude, Tiere abzubilden, und es gehe ihm nicht darum, sklavisch dem Vorbild der Natur zu folgen, sondern darum, das Gesehene künstlerisch nachzuerleben. So stellte der scharfe Beobachter die Tiere dar, wie sie sich in ihrer natürlichen Umgebung bewegten, in einer Frische und Geradlinigkeit, die seiner Zeit neu war und sein Publikum begeisterte. Sein besonderes Interesse galt den Wildtieren, Affen, Bären und Löwen; Haus- und Hofgetier stellte er selten dar und noch seltener bildete er Menschen ab. Eng befreundet war er mit dem Galeristen Paul Cassirer, dessen lebensfrohes Naturell der Künstler als wohltuende Ergänzung zu seinem eigenen introvertierten Wesen empfand. Cassirer bemühte sich auch, Gauls künstlerischen Nachlass zu ordnen, konnte aber gegen den Schwiegersohn des Künstlers nichts ausrichten, der zahlreiche Kopien von den Werken seines verstorbenen Schwiegervaters gießen ließ – auch aus diesem Grund sind Originale von August Gaul unter Sammlern sehr begehrt. August Gaul starb am 18. Oktober 1921 in Berlin.
August Gaul - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: