Otto Mueller malte am liebsten nackte Frauen, deren übertrieben schlanke Leiber dem modernen Betrachter beinahe magersüchtig erscheinen. Berühmt wurde er aber mit seinem Zyklus von Zigeunerbildern, die erst in den letzten Jahren seines Lebens entstanden.
(...) WeiterlesenOtto Mueller - Ein schwieriger Schüler malt sich ins Leben
Otto Mueller wurde am 16. Oktober 1874 in Liebau als Sohn eines Leutnants und späteren Steuerberaters geboren. Der Besuch des Gymnasiums war keine Erfolgsgeschichte und endete frühzeitig, denn der junge Otto mochte sich mit dem stumpfen Lernen nicht so recht anfreunden. Der Vater verfügte für den renitenten Sohn eine Lithografen-Lehre, deren vierjähriger Verlauf immerhin das künstlerische Talent Otto Muellers zutage brachte. Mittels einer Sondergenehmigung durfte der Schulabbrecher deshalb die Kunstakademie in Dresden besuchen, wo er sich allerdings bald mit seinem Lehrer Hermann Freye überwarf, dessen ständige Korrekturen seiner Arbeit der angehende Maler als äußerst störend empfand. 1898 wechselte Otto Mueller auf die Akademie der bildenden Künste in München, geriet aber mit dem Leiter Franz von Stuck aneinander und musste sein Studium abbrechen. Der so verhinderte Kunststudent kehrte also unverrichteter Dinge nach Dresden zurück, malte dort, um sich zu trösten, eine Menge meist nackter Frauen und heiratete schließlich sein bevorzugtes Modell, Maria Meyerhofer, genannt »Maschka«. Das junge Paar wechselte häufig den Wohnort und unternahmen viele Reisen.
Schlanke Damen, Neue Secession und Erster Weltkrieg
1908 zog Otto Mueller nach Berlin und befreundete sich mit dem Bildhauer Wilhelm Lehmbruck, dessen Plastiken ein wichtiges Vorbild für seine eigene Malerei wurden. Noch immer malte er gern und häufig unbekleidete junge Damen, doch gestaltete er sie jetzt auffallend schlank, beinahe dürr. Diese Art der Darstellung wurde für Otto Mueller ebenso charakteristisch wie der Gebrauch von Leimfarben, deren besondere Deck- und Leuchtkraft bei dennoch milder Farbtemperatur er sehr schätzte. Nachdem er vergeblich versucht hatte, sich der Berliner Secession anzuschließen, gründete er kurzerhand mit einigen Freunden die Neue Secession, was ihn wiederum mit den Mitgliedern der Künstlervereinigung Brücke in Kontakt brachte. Muellers Vorliebe für eine gedämpfte Farbgebung mit sanft-lyrischer Ausstrahlung passte gut zu der Malweise der übrigen Brücke-Mitglieder und so arbeitete er bis zu deren Auflösung rege in der Gruppe mit. 1915 wurde er einberufen und musste als Soldat in Frankreich und Russland kämpfen. Bei diesen Einsätzen zog er sich 1917 eine schwere Lungenentzündung zu, die ihn beinahe das Leben gekostet hätte.
Otto Mueller blieb ein Außenseiter unter Außenseitern
Im Jahr 1919 wurde Otto Mueller, der als junger Mann so ungern zur Schule gegangen war, selbst Lehrer: Als Professor unterrichtete er bis zu seinem Tod an der Kunstakademie in Breslau. Zu seinen Schülern gehörten unter anderem Walter Kalot und Emil Bartoschek. 1921 reichte seine Frau Mascha die Scheidung ein, blieb ihm aber freundschaftlich verbunden, woran auch zwei weitere Ehen des unsteten Künstlers nichts änderten. Auch als Professor und etablierter Künstler lehnte Otto Mueller jegliche Anpassung an das bürgerliche Leben ab und pflegte genüsslich sein Leben als Teil der »Breslauer Künstlerbohème« und fand nach den Frauen schließlich in den Zigeunern des Balkans sein zweites großes künstlerisches Thema, das ihn auf den Höhepunkt seines Schaffens führte. Die sogenannte »Zigeuner-Mappe« aus dem Jahr 1927 gilt als eines seiner lithografischen Hauptwerke. Während seiner Besuche von Sarajevo und Spalato hatte er eine Zeit lang unter Zigeunern verbracht und ihre Lebensweise kennengelernt. Das Ergebnis waren künstlerisch hochwertige und atmosphärisch dichte, überaus faszinierende Zeugnisse eines noch heute fremden und vielfach misstrauisch beäugten Milieus.
Otto Mueller starb am 24. September 1930 in Obernigk bei Breslau. Wenige Jahre nach seinem Tod erklärten die Nationalsozialisten seine Kunst für »entartet« und beschlagnahmten zahlreiche seiner Werke.
Otto Mueller - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: